Trotz hoher Inflation: EZB lässt sich nicht aus der Reserve locken

Die EZB will ihre Anleihekäufe nur langsam zurückfahren. Auch die Zinsen bleiben unangetastet - trotz der hohen Inflationsraten. Nun warten Beobachter gespannt auf die Pressekonferenz mit Christine Lagarde.
Frankfurt/Berlin - Trotz der zu Jahresbeginn weiter gestiegenen Inflation bleibt eine Zinswende in der Euro-Zone* aus. Die Europäische Zentralbank (EZB) beließ den geldpolitischen Schlüsselsatz am Donnerstag wie allgemein erwartet auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent.
EZB hält Tür für künftige Erhöhung offen
Zugleich müssen Finanzinstitute weiterhin Strafzinsen berappen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank parken. Den dafür gültigen sogenannten Einlagesatz beließen die Währungshüter bei minus 0,5 Prozent. Sie halten sich jedoch weiterhin die Tür für eine künftige Erhöhung offen: Der EZB-Rat steht bereit, „alle seine Instrumente“ bei Bedarf anzupassen. Damit will er sicherstellen, dass sich die Inflation mittelfristig bei seinem Zielwert von 2,0 Prozent stabilisiert.
Im Januar war die Teuerungsrate im Euroraum mit 5,1 Prozent jedoch weit über diese Marke hinausgeschossen. Die EZB gerät damit in Erklärungsnöte, da sie laut ihrer Prognose vom Dezember mit einem schrittweisen Abklingen des Preisdrucks rechnet.
Lagarde: „Die Situation hat sich in der Tat geändert“
EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat auch frühere Aussagen nicht mehr bekräftigt, wonach eine Zinsanhebung in diesem Jahr sehr unwahrscheinlich sei. Alle derartigen Aussagen seien abhängig von den Umständen, sagte Lagarde am Donnerstag auf der Pressekonferenz nach dem Zinsbeschluss auf eine entsprechende Frage. Die Notenbank werde diese Bedingungen sorgfältig prüfen. „Wir werden diese Arbeiten im März vornehmen und das wird uns zur Analyse führen, was die treibenden Kräfte sind hinter der Inflation auf kurze Sicht.“ Dies betreffe auch die mittelfristigen Projektionen. Mit Bezug auf die zuletzt kräftig gestiegene Inflationsrate sagte sie. „Die Situation hat sich in der Tat geändert.“
Lagarde hatte noch im Dezember auf der damaligen Pressekonferenz nach der Zinssitzung gesagt, dass Zinserhöhungen 2022 sehr unwahrscheinlich seien. Inzwischen ist aber die Inflation im Euro-Raum im Januar unerwartet auf 5,1 Prozent hochgeschnellt. Neue Inflations- und Wachstumsprognosen der EZB-Volkswirte werden erst zur Zinssitzung im März vorliegen. „Da sich die Situation geändert hat, müssen wir das weiter sorgfältig beobachten“, sagte Lagarde. Die Lage müsse auf der Basis von Daten bewertet werden und dann müsse die EZB ein Urteil fällen.
Beobachter hatten sich im Vorfeld zurückhaltend zu den Aussichten einer möglichen Zinswende durch die europäischen Währungshüter geäußert. Die EZB werde „wohl eher daran festhalten, jegliche Anpassung der Zinspolitik in 2022 auszuschließen“, hatte der Wirtschaftsweise Prof. Volker Wieland gegenüber Merkur.de* gesagt. Er halte aber eine stärkere Reaktion für angebracht.
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