Rekord-Entschädigung für Versorger: Kunden zahlen fast eine Milliarde Euro für Strom, den sie gar nicht kriegen
Die Entschädigungszahlungen für nicht eingespeisten Strom an die Energieversorger haben einem Bericht zufolge Rekordhöhen erreicht. Schuld sei der zu langsame Netzausbau.
Berlin/Bonn – Erneuerbare Energien – etwa aus Windkraft – sollen bei der Versorgung mit Strom in Deutschland eine immer größere Rolle spielen. Doch beim Ausbau hakt es an einem ganz fundamentalen Problem: die Leitungen zum Transport der Energie fehlen. Der Netzabbau kommt hierzulande nicht voran – und deshalb gibt es immer höhere Rekordzahlungen an die Stromversorger als Entschädigung für die nicht genutzte Energie. Und das geht zulasten der Stromkunden.
Satte Entschädigungsansprüche für ungenutzten Strom
Nach Angaben der Bundesnetzagentur hatten die Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen 2021 über 807 Millionen Euro an Entschädigungsansprüchen, weil ihr Strom wegen Netzengpässen nicht eingespeist werden konnte. Bei diesem sogenannten Einspeisemanagement handelt es sich um eine Sicherheitsmaßnahme zur Entlastung von Netzengpässen. Den Ausgleich müssen die Netzbetreiber zahlen. Sie legen das Geld über die Netzentgelte auf die Stromkunden um.
93 Prozent der Entschädigungen gingen 2021 an Betreiber von Windkraftanlagen vor allem in Norddeutschland, weitere gut 5 Prozent an Photovoltaikanlagen-Betreiber. Wegen der Netzeingriffe wurden 2021 gut 5800 Gigawattstunden Strom nicht genutzt. Zum Vergleich: Windkraftanlagen in Deutschland speisten 2021 insgesamt 111.500 Gigawattstunden Strom in die Netze ein. Dreistellige Entschädigungszahlungen waren auch schon in den Vorjahren geflossen. 2020 waren es 761 Millionen Euro für gut 6100 Gigawattstunden, ein Jahr zuvor 710 Millionen Euro für 6500 Gigawattstunden. Zuvor hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) darüber berichtet.
Bartsch: Habeck muss Netzausbau in Gang bringen
Die Linksfraktion im Deutschen Bundestag kritisiert die Nicht-Nutzung von klimaneutral erzeugtem Strom. „Es ist grotesk, dass wir über die Gefahr von Blackouts diskutieren und gleichzeitig Strom im Wert von über 800 Millionen Euro jährlich weggeschmissen wird“, sagte Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch am Montag in Berlin laut einer Mitteilung. Es sei „inakzeptabel“, dass dafür Stromkunden über steigende Netzentgelte zur Kasse gebeten würden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) müsse den schleppenden Netzausbau „endlich“ in Gang bringen und die Verbraucher vor solchen Kosten schützen. (lma/dpa)