»Habe den Verein lieben gelernt«

Der nigerianische Nationalspieler Leon Balogun war Profi bei Darmstadt 98 und Mainz 05 und verteidigt nun im zweiten Spieljahr bei den Glasgow Rangers. Vor dem Finale der Europa League gegen Eintracht Frankfurt nahm der 33-Jährige sich noch eine dreiviertel Stunde lang Zeit fürs Interview.
Herr Balogun, was passiert gerade um die Glasgow Rangers herum?
Bei uns steht alles unter dem Slogan: »Make us dream!« Das beschreibt die Stimmung perfekt. Es sind alle super euphorisch. Es wäre eine ganz große Nummer für den Verein, in seinem 150. Jubiläumsjahr diesen Titel zu gewinnen. Und was mir noch auffällt: Ich bekomme unfassbare viele Ticketanfragen von Menschen, die ich noch nie gesehen habe.
Was erwarten Sie vom Finale gegen Eintracht Frankfurt?
Ein sehr intensives Spiel! Es wird viele zweite Bälle geben, bei denen wir den Frankfurtern den Schneid abkaufen müssen. Ich kenne die Eintracht aus meiner Zeit bei Mainz 05 als sehr unangenehme, körperbetonte Truppe, die auch Fußball spielen kann. Und Barcelona und West Ham haust du nicht einfach mal so raus.
Was zeichnet die Fans der Rangers besonders aus?
Es gibt eine weltweite Fangemeinde. Die Hingabe ist bedingungslos. Das kann auch mal unangenehm werden, wenn es nicht so läuft. Aber auch das erklärt sich mit der absoluten Besessenheit und Liebe zum Verein. Ich liebe diese Wucht, auch wenn du als Spieler manchmal ein dickes Fell brauchst.
Im heimischen Ibrox-Park sind die Rangers wie eine Urgewalt über Borussia Dortmund und RB Leipzig hinweggerauscht. Was ist in Sevilla zu erwarten, wenn die Unterstützung der eigenen Fans nicht so gewaltig ausfallen wird?
Der Support der Fans daheim hat, glaube ich, besonders in Europa eine einschüchternde Wirkung für den Gegner. Und uns peitschen sie nach vorne ohne Ende, das ganze Stadion geht ab. Das macht was mit dir als Spieler. Und ich kann Ihnen versichern: Auswärts sind unsere Fans auch nicht übel. Das Beste, was ich in meiner Karriere je erlebt habe. Aber ich weiß natürlich auch, dass die Frankfurter eine gewaltige Fanszene haben, die machen echt Alarm. Was die Fankultur angeht, treffen zwei unfassbar geile Vereine aufeinander.
Wie viele Rangers-Fans erwarten Sie in Sevilla?
Hier ist die Rede von 100 000 Schotten. Viele haben sich schon vor dem Halbfinale gegen Leipzig ihre Flüge und Hotels gebucht.
Wie geht es Ihnen persönlich bei den Rangers?
Ich habe den Verein lieben gelernt, er passt zu mir als Typ. Ich bin ja eher als Fighter bekannt. Das erkennen die Leute hier an. Die wollen sehen, dass du ihren Stolz für den Klub auch verkörperst. Gerade bin ich sehr, sehr stolz darauf, mit den Rangers Teil dieses Finals sein zu dürfen.
Ihr rechter Verteidiger James Tavernier erzielt Tore am Fließband. Wie schafft er das aus dieser Position heraus, mal abgesehen von einigen Elfmetern?
Er hat einen ausgeprägten Offensivdrang mit einer sehr hohen Präsenz in der Box und vernachlässigt trotzdem seine defensiven Aufgaben nicht. Unglaublich, mit wie viel Energie er unterwegs ist. Er ist wirklich sehr, sehr laufstark und macht immer wieder diese Wege in die Tiefe.
Gegen die Eintracht trifft Tavernier auf Filip Kostic, den besten Frankfurter. Was erwarten Sie bei diesem Aufeinandertreffen?
Ich glaube, dass die Frankfurter mit Kostic links und Ansgar Knauff rechts sehr stark in den Umschaltmomenten sind. Da geht die Post ganz schnell ab. Kostic kenne ich ja noch aus eigener Erfahrung. Der ist mit seiner Physis und seinem Tempo ein gutes Match für Tavernier. Das wird ein spannendes Duell. JAN CHRISTIAN MÜLLER