Nachwuchstalent mit großen Plänen

Seit gut zwei Jahren ist die Nachwuchs-Springreiterin Amelie Ganz auf Erfolgskurs. Im Herbst wurde sie in den Kader des Hessischen Pferdesportverbands aufgenommen.
So gut wie jedes Wochenende bringt Amelie Ganz derzeit Turnierschleifen nach Hause. Als Tochter einer Reiterhofbesitzern hat sie den Pferdesport sozusagen im Blut, sammelte schon früh erste Wettkampferfahrung. Jetzt will die Zwölfjährige aus Bindsachsen es wissen: Nach der Aufnahme in den hessischem Springkader für ihre Altersklasse, blickt die zweifache Kreismeisterin in dieser Saison auf erste Platzierungen bei Springwettbewerben der Klasse L - und das Nachwuchstalent hat noch einiges vor.
Sie wirkt entspannt, wenn sie von vergangenen Turnieren erzählt und von denen, die noch anstehen. Aufregung? Fehlanzeige. Höchstens eine freudige Spannung ist in den Augen der Sechstklässlerin auszumachen, wenn sie erzählt, wo es am nächsten Wochenende hingeht. Amelie Ganz kennt die Turnierlandschaft der Region, viele der Springplätze und Menschen, die hinter den Vereinen stehen. »Aufgeregt bin ich nur, wenn ich nicht weiß, wer den Parcours baut«, sagt die Nachwuchsspringreiterin. »Aber ich kann mich auf meine Pferde verlassen.« Die Vierbeiner, die gemeinsam mit Amelie den Herausforderungen im Hindernisparcours begegnen, sind derzeit die Holsteiner-Stute Topsi, die ihr aus dem Stall von Thomas Lupp in Bad Salzhausen zur Verfügung gestellt wird, und Hannoveraner Catoka. Die 14-Jährige Fuchsstute reitet Amelie seit Anfang des Jahres. Die Besonderheit: Sie ist von der Familie selbst gezogen und ein Nachkomme des Erfolgspferds Dorina von Vater Jochen Ganz, der den Reiterhof Ganz in Bindsachsen und dort auch eine eigene Besamungsstation betreibt.
Amelie Ganz tritt in große Fußstaßfen
Wunderlich sind Amelies Erfolge vor diesem Hintergrund nicht, gingen schließlich auch beide Elternteile in den höheren Klassen des Springreitens in der Region erfolgreich an den Start. Jetzt tritt sie nicht nur in deren, sondern auch in die Fußstapfen ihrer großen Schwester Antonia. Die 18-Jährige blickt selbst auf diverse Erfolge im Springsport und wird nach dem gerade absolvierten Abitur für einige Monate im Stall des siegreichen deutschen Springreiters David Will weitere Erfahrung sammeln.
»Amelie reitet und hat Pferde um sich, seit sie auf der Welt ist«, sagt Mutter Tanja Ganz, während ihre Tochter sich von Schulpony Sydney schwingt, sie versorgt und auf die Koppel bringt. Dass die Zwölfjährige einen Draht zu den Tieren hat, lässt ihr entspannter und freundlicher Umgang mit den Vierbeinern schnell erkennen. Amelie trainiert die junge Ponystute Sydney für die Reitschule, die Tanja Ganz auf dem Hof betreibt. Selbst wenn sie gerade nicht auf dem Pferd sitzt, geht die Zwölfjährige auf dem Reiterhof ihren Eltern zur Hand. »Es bleibt aber auch noch Zeit, um etwas mit Freunden zu unternehmen«, sagt die Realschülerin. Und für die Schule - auch wenn das Lernen manchmal im Pferde-Lkw auf dem Weg zum Turnier stattfinden muss.
An Fahrt aufgenommen hat die Turnierkarriere, als Amelie Ganz 2018 mit Pony Bruno Banani an den Start ging und ein Jahr später erst Vizekreismeister des Kreisreiterbunds Main-Kinzigtal und anschließend Siegerin des Pony-Championats in Langenselbold wurde.
»Corona hat uns schon ausgebremst«, blick Tanja Ganz zurück. Etwa als Amelie sich 2021 im Nürnberger Nachwuchs-Championat für die Teilnahme am internationalen Festhallen-Reitturnier in Frankfurt qualifizierte, das aufgrund der Pandemie jedoch abgesagt werden musste. Ebenfalls 2021 holte die junge Springreiterin mit der gerade sechsjähirgen Ponystute Morgensterns Vergiss Mein Nicht und Pferd Topsi beim Spring-Cup des Pferdesport-Journals in Usingen gleich den ersten und den zweiten Platz für den heimischen Verein, die Reitsportgemeinschaft (RSG) Bindsachsen, wie Mutter und Tochter stolz erzählen. Es folgte der Kreismeistertitel 2021 und 2022 sowie im Herbst 2021 die Aufnahme in den hessischen Großpferde-Kader für Reiter bis 14 Jahre (Children-Kader). Dass ihre felligen Teampartner ihr trotz der Erfolge viel bedeuten, merkt man der lebhaften Realschülerin an, während sie erzählt - beispielsweise von Bruno Banani, der 21-jährig aus dem Turniersport verabschiedet wurde und jetzt seine wohlverdiente Rente auf der Koppel verbringt.
Bei internationalen Turnieren starten
Gleichzeitig hat Amelie für die Zukunft noch einiges vor: Die Kader-Mitgliedschaft ermöglicht ihr neben der Einladung zu Turnieren auch Trainingsstunden bei Landestrainer Karl-Josef Münz, wie das Nachwuchstalent voller Vorfreude erzählt: »Ich freue mich vor allem auf die größeren Turniere und würde gerne mal in der Frankfurter Festhalle reiten. Wenn es klappt, kann ich mir gut vorstellen, irgendwann auch bei internationalen Turnieren zu starten.« Von Paulina Schick