Mehr Auf- und weniger Absteiger

Büdingens Kreisfußballwart Jörg Hinterseher (50) spricht über mehr Auf- und weniger Absteiger, die Rückkehr zu den Relegationsspielen und die immer kleiner werdenden B-Ligen.
Hinterseher blickt aber auch noch einmal auf die abgelaufene Spielzeit zurück und erklärt, warum die Büdinger Kreisklubs in der Gruppenliga Frankfurt Ost einen so schweren Stand haben.
Meisterjubel und Abstiegskampf - nach drei Jahren wurde eine Fußball-Saison wieder regulär beendet. Sind wir zurück in der Normalität?
Momentan schon. Was im kommenden Herbst passiert, müssen wir sehen. Bei ansteigenden Infektionszahlen werden wir es sicherlich wieder mit Hygienekonzepten zu tun bekommen. Die vergangenen Monate haben aber gezeigt, dass wir trotz hoher Inzidenzwerte regelmäßig Mannschaftssport betreiben können. Daran war 2021 nicht unbedingt zu denken. Deshalb bin ich insgesamt guter Dinge, dass auch die Saison 2022/23 eine relativ normale wird.
Hätten Sie damit gerechnet, dass die abgelaufene Runde so problemlos über die Bühne geht?
Anfangs nicht, weil die Auflagen zu Saisonbeginn trotz niedriger Inzidenzwerte enorm waren. Insgesamt haben die Klassenleiter in Zusammenarbeit mit den Vereinen einen guten Job gemacht und für eine - unter diesem Umstän den - reibungslose Spielzeit auf Kreisebene gesorgt. Das gilt leider nicht für die Gruppenliga Frankfurt Ost mit dem Mammutprogramm von 38 Spieltagen. Auch ich war kein Freund von diesem Spielmodell und unterbreitete vor Rundenbeginn andere Vorschläge. Mehrere Vereine aus dem Kreis Offenbach und der Verbandsspielausschuss wollten aber die Lösung mit 38 Spieltagen.
Zu allem Überfluss hatten die drei heimischen Gruppenligisten wenig Grund zur Freude, das Büdinger Kreisklub-Trio stieg ab. Was fehlte den Sportfreunden Oberau, dem SC Viktoria Nidda und dem FC Alemannia Gedern im Vergleich zu den Vereinen aus den Kreisen Hanau, Gelnhausen und Offenbach?
Die Kader-Breite wird bei unsren Kreisklubs immer ein Thema sein. Wenn die auf dem Papier stärksten Spieler antreten, können unsere Mannschaften auch in der Gruppenliga punkten. Ausfälle von Leistungsträgern können aber auf Dauer nicht kompensiert werden. Wobei Nidda mit internen Querelen und dem Rückzug des B-Teams noch ganz andere Probleme hatte. Gerade in der Rückrunde hat die Alemannia aus Gedern gezeigt, dass sie Punkte sammeln kann. Leider reichte es trotz 33 Zähler in der zweiten Saisonhälfte nicht. Es bleibt festzuhalten, dass der Sprung von der Kreisoberliga Büdingen in die Gruppenliga enorm ist. Trotzdem wäre es schön, wenn wir auf Dauer zwei, drei oder vier Mannschaften in der Gruppenliga hätten - und nicht nur eine wie in der kommenden Saison mit dem SV Ranstadt.
Blicken wir auf die vier heimischen Ligen. Gab es für Sie große positive oder negative Überraschungen?
Positiv ist mit Sicherheit die Meisterschaft von Ranstadt. Das ist aller Ehren wert und freut mich für den Verein, der in der Vergangenheit viel Zeit und etwas Geld für lizenzierte Trainer in den Jugendbereich gesteckt hat. Jetzt erntet der SV Ranstadt die Früchte. Zudem freut mich, dass der SV Seemental II als Meister der Kreisliga B2 sein Aufstiegsrecht wahrnimmt. Es ist eine Herkulesaufgabe für einen Verein, wenn die erste Mannschaft in der Kreisoberliga spielt und das B-Team in der A-Liga antritt.
In der neuen Saison wird es einige neue Spielgemeinschaften geben, andere Vereine verschwinden komplett von der Fußball-Landkarte. Geben Sie uns bitte einen Überblick.
Es gibt zwei neue Spielgemeinschaften: die SG Dauernheim/Ober-Mockstadt und die SG Rohrbach/Aulendiebach. Zudem versuchen es der VfR Ulfa und der SV Merkenfritz eigenständig. Der SV Büches und der VfR Hirzenhain verschwinden erst mal von der Fußball-Landkarte. Ich hoffe natürlich, dass das nur eine Momentaufnahme ist. Unter dem Strich sind unsere Ligenstärken relativ stabil. In der Kreisoberliga und der Kreisliga A gehen wir mit jeweils 15 Mannschaften an den Start. In der Kreisliga B1 sind es 13 Mannschaften. In der Kreisliga B2, der Spielklasse der Kreisoberliga-Reserveteams, haben wir elf Zusagen. Der SC Viktoria Nidda wird leider kein B-Team stellen.
Die B-Ligen sind relativ dünn besetzt. Müssen Sie sich Gedanken über eine Ligareform machen?
Das ist immer schön gesagt. Wenn ich beide B-Ligen zusammenlege, habe ich 24 Mannschaften. Es ist utopisch, eine Runde mit so vielen Spieltagen durchzuboxen, weil wir im Kreis keine Kunstrasenplätze haben. Zudem fehlt einigen Vereinen eine Flutlichtanlage, weshalb auch Spiele unter der Woche schwierig sind. Deshalb können wir auch nicht verstärkt Vereine in die oberen Klassen verschieben, um dann mit jeweils 18 Mannschaften eine Kreisoberliga, eine A-Liga und eine B-Liga zu bestücken. 15 Teams in der Kreisoberliga und A-Liga sind optimal. Aktuell ist alles in Ordnung. Ich denke, dass es ab zehn Klubs pro B-Liga kritisch wird.
In der Kreisliga B2 Büdingen, in der die Reserveteams der Kreisoberligisten spielen, in der Kreisliga A Reserven und in der Kreisliga B1 Reserven darf das Norweger Modell praktiziert werden. Bei Personalnot einer Mannschaft reduziert also auch der Gegner seine Spieleranzahl in der Startformation. Ist das ein Schritt in die richtige Richtung?
Für uns ist es definitiv der richtige Schritt. Die Mannschaften sollen lieber mit Neuner-Mannschaften gegeneinander spielen als gar nicht. Sicherlich ist blöd, wenn ein Verein einen 15-Mann-Kader hat und dann mehrere Spieler streichen muss. Der Alternative wäre eine Spielabsage. Zudem ist es bedenklich, wenn ein Verein nur mit neun Mann anreist und drei dieser Akteure A-Team-Spieler sind. Wie immer hat die Medaille zwei Seiten - und vielleicht ist die Personalnot beim angesprochenen Klub wirklich so groß, dass man nur mit einem Reserve-Rumpfteam, bestehend aus sechs B- und drei A-Team-Spielern, anreisen konnte.
Zudem wurde zuletzt darüber diskutiert, die zweiten Mannschaften der Kreisoberligisten wieder außer Konkurrenz spielen zu lassen. Wie lautet das Ergebnis?
Eine Umfrage ergab, dass die Mehrheit der betroffenen Vereine dafür ist, ihr zweite Mannschaft weiter in Konkurrenz spielen zu lassen.
In der abgelaufenen Runde fielen die beliebten Relegationsspiele aus. Dürfen sich die Vereine in der neuen Saison wieder auf Entscheidungsspiele vor großen Zuschauerkulissen freuen?
Man muss immer bedenken, zu welchem Zeitpunkt wir diese Entscheidung trafen. Die normale Runde war bis zum 11. Juni geplant. Und wir wussten damals nicht, ob wegen Corona noch Nachholtermine gebraucht werden. Das Zeitfenster für eine Relegationsrunde war schlichtweg zu klein. In der neuen Runde wollen wir wieder eine Relegationsrunde spielen. Eine weitere gute Nachricht für die Vereine: Es wird mehr Auf- und weniger Absteiger geben. In der Kreisoberliga traf es zuletzt vier Mannschaften. Ich kann mir gut vorstellen, dass in der kommenden Runde nur maximal zwei Teams absteigen müssen, da mit dem SV Ranstadt nur eine Kreismannschaft aus der Gruppenliga absteigen kann. In der Kreisliga A könnte es zwei direkte Aufsteiger geben, zuletzt durfte nur der Meister hoch. Der Tabellendritte der A-Liga könnte dann mit dem Drittletzten der Kreisoberliga in die Relegation gehen. Zudem könnte es eine Relegationsrunde mit dem Tabellendrittletzten der Kreisliga A und den beiden Tabellenzweiten der B-Ligen geben. Das alles muss ich aber final mit meinen Ausschusskollegen abstimmen. Ob der Tabellenzweite der Kreisoberliga eine Aufstiegsrunde zur Gruppenliga spielt, entscheidet der Verbandsspielausschuss.
Wann beginnt die neue Saison?
Auf Kreisebene am 7. August. An den beiden Wochenenden davor sind Pokalspiele angesetzt. Von Torben Frieborg (tfr)
