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Land unter an der Nordsee

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46ers-Trainer »Frenki« Ignjatovic ist vom Saisonstart seiner Truppe sehr enttäuscht. ARCHIV © Red

Verpatzter Saisonstart: Am ersten Spieltag der 2. Basketball-Bundesliga Pro A unterliegen die Gießen 46ers bei den Eisbären Bremerhaven mit 60:98 (36:45). Nun gilt es, die in der Saisonvorbereitung entstandene Euphorie neu zu entfachen.

Diese Euphorie ist nach der herben Niederlage an der Nordsee am Samstagabend erstmal verpufft. Zu emotionalen Szenen kam es nach dem Ende der Partie am Samstagabend dennoch. Coach »Frenki« Ignjatovic hatte sein Team zum Abschlussgespräch aufs Parkett zitiert - und direkt im Anschluss stande pede in den Block der 30 mitgereisten Fans. Dort entschuldigten sich die Spieler für die gezeigte Leistung und versprachen Besserung.

Im Hintergrund beobachtete Ignjatovic die Szenerie mit Argusaugen. Gefragt nach dem, was er in diesem Moment empfand, sagt der erfahrene Basketballlehrer: »Ich spüre eine große Verantwortung, seitdem ich nach Gießen gekommen bin. Aber dass meine Arbeit so beginnt, hätte ich in meinen schlimmsten Träumen nicht erwartet.«

Fürwahr: Selbst für nicht erfolgsverwöhnte Gießener Basketball-Beobachter war der Spielverlauf außergewöhnlich. »Manchmal ist es nicht leicht, zu erklären, warum Sachen im Sport passieren. Für unsere Verhältnisse hatten wir eine gute Pre-Season«, sagt Ignjatovic. Auch der Start ins Spiel sei mit einer 21:10-Führung gelungen: »Wir sind gut in die Partie gekommen und waren nicht nervös. Normalerweise führen diese Aspekte nicht zu solch einem Ergebnis.« Was folgte, war die komplette Blockade.

Jordan Barnes, der zu Beginn fünf Punkte zum 7:2 (3.) beigetragen hatte, nahm sich mit zwei vermeidbaren Fouls selbst aus dem Spiel. Stefan Fundic, der emsig unterm Korb rackerte und immer wieder ablegte, tat es ihm Anfang des zweiten Viertels gleich.

Hinzu kam eine eigentümliche Linie des Schiedsrichtergespanns, das manch offensichtliches Foul ungeahndet ließ und in Grenzfällen meist gegen Gießen entschied. Am Ende stand Bremerhaven 38-mal an der Freiwurflinie, Gießen nur zehnmal. Diese Umstände ließ Ignjatovic maximal für den 36:45-Rückstand zur Pause als Ausrede gelten, nicht aber für alles, was danach geschah: »Alles, was in der zweiten Halbzeit passiert ist, war schlecht.« 29:4 ging Viertel drei an die Eisbären. »Es war ein peinlicher Auftritt. Die Schüsse sind nicht gefallen, wir haben komplett das Selbstvertrauen verloren«, resümiert der Headcoach.

Während bei Gießen kein Dreier mehr durch die Reuse flutschen wollte, schoss Bremerhaven sich warm. Vor allem Matthew Frierson setzte mit fünf Distanztreffern immer wieder empfindliche Nadelstiche. Ein ums andere Mal zeigten die 46ers starke Verteidigungs-Sequenzen, nur um dann doch zu kollabieren und einfache Zähler zuzulassen. Vorne lief zwischen der 21. und 30. Minute indes rein gar nichts zusammen: »Kein Teamplay war mehr zu sehen und viele individuelle Fehler prägten das Bild. Es tut mir für die Fans leid, die den langen Weg nach Bremerhaven auf sich genommen haben«, sagte der Coach. Auch beim Rebounding war die Partie eine klare Angelegenheit. Der kürzlich nachverpflichtete Center Igor Cvororic hatte wie vermutet noch Probleme, sich ins Spiel zu integrieren. Insgesamt ging das Duell unter den Brettern mit 45:31 klar an die Hausherren.

Bremerhaven - und das ist die vielleicht schlechteste Nachricht - zelebrierte am Samstagabend wahrlich keinen Zauberbasketball. Dennoch fand Gießen nie mehr zurück zur Linie des Beginns. Ignjatovic wirkte von Auszeit zur Auszeit zerknirschter. Roland Nyama trat bei seiner finalen Auswechslung in eine Wasserflasche. Luis Figge ließ nach einem der vielen Calls gegen Gießen seinem Frust Lauf, hob resignierend die Arme und blickte kopfschüttelnd zur Hallendecke.

»Vor uns liegt jetzt eine lange Trainingswoche«, in der das Geschehene analysiert werden müsse. Höchstes Ziel sei es, mit einem Heimsieg über die Artland Dragons (Sonntag, 16 Uhr) den Resetknopf zu drücken. »Wir müssen gewinnen. Über alles andere möchte ich nicht nachdenken«, so Ignjatovic.

Zum Gesamtbild gehört auch, dass die 46ers im Schlussabschnitt wieder auf Augenhöhe parierten. Nyama und Barnes per Dreier verkürzten auf 50:78 (32.). Eisbären-Coach Steven Key konnte in dieser Phase freilich tief durchrotieren lassen. Gießen gewann etwas an Selbstvertrauen, verlor aber auch Viertel Nummer vier mit 20:24.

Immerhin die Fans ließen die Köpfe nicht hängen. Nach dem Spiel - das Team befand sich gerade im Block der Schlachtenbummler - wurden lautstarke »Gießen«-Gesänge angestimmt. Tenor: Dann schlagen wir eben Quakenbrück. Um die Euphorie zurückzugewinnen, wird das der einzige Weg sein.

Gießen: Barnes (14), Brauner (6), Begue, Fundic (10), Figge (5), Kahl (5), Cvovoric (4), Martin (8), Strangmeyer, Nyama (8).

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