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Knallharter Abstiegskampf

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Christian Breiler, Trainer der HSG Gedern/Nidda, betrachtet die Reform eher skeptisch. © Achim Senzel

Reform der 3. Handball-Liga: Künftig nur noch 36 Frauen-Teams.

Gedern/Nidda (flo). Eigentlich hatte Christian Breiler fast schon sehnsüchtig darauf gehofft, mit seinen Handballerinnen der HSG Gedern/Nidda mal wieder eine normale Drittliga-Saison zu bestreiten. Normal in jenem Sinne, dass es - wie es früher die Regel war - drei Absteiger gibt. Nicht vier wie in der jüngsten Spielzeit oder Sonderregelungen wie in der Saison 2021/22, als sechs Teams, darunter auch die HSG Gedern/Nidda, in eine Abstiegsrunde mussten.

Diese Hoffnung aber hat sich - das lässt sich bereits zu diesem Zeitpunkt sagen - zerschlagen. Denn der Deutsche Handballbund (DHB) wird die Saison 2023/24 als Übergang zu einer auf 36 Mannschaften reduzierten 3. Liga nutzen.

Das geht aus den vorläufigen Durchführungsbestimmungen, die dieser Zeitung vorliegen, hervor. Auf Nachfrage bestätigte auch Tim Oliver Kalle, Leiter Kommunikation des DHB, dass »zur Saison 2024/25 36 statt 48 Mannschaften in der 3. Liga Frauen spielen werden«. Damit einher geht ein verstärkter Abstieg in die Oberligen. In den vier Zwölfer-Staffeln wird es grundsätzlich fünf Absteiger geben - was einen knallharten Abstiegskampf mit sich bringen wird. Die Teams auf Platz acht und abwärts steigen grundsätzlich ab, wobei die Achtplatzierten noch eine Runde um den Klassenverbleib austragen werden. Bleiben Rückzüge aus und gibt es keine Aufstiegsverzichte, so würden in dieser Zusatzrunde zwei freie Plätze ausgespielt. »So ist der Plan. Genaueres wissen wir aber erst Ende der nächsten Saison 2023/24«, sagt Kalle, wohlwissend, dass es in der Vergangenheit immer mal wieder derlei Rückzüge und Verzichte gab.

Weniger Aufsteiger aus Landesverband

Angepasst wurden in diesem Kontext auch die Aufstiegsregelungen aus den Landesverbänden in die 3. Liga. Aus zwölf Aufstiegsplätzen werden deren sechs. Mit der Folge, dass die Landesmeister ab der nächsten Saison kein direktes Aufstiegsrecht mehr haben, sondern in drei regionalen Aufstiegsrunden (drei Gruppen à vier Mannschaften im Modus jeder gegen jeden mit Hin- und Rückspiel) jeweils zwei Aufsteiger pro Region ausspielen.

Völlig aus dem Nichts kommt diese Reform freilich nicht. 2021 hatte der Verband nicht nur entsprechende Überlegungen öffentlich gemacht, sondern auf dem Bundestag auch bereits einen entsprechenden Entschluss zur Ligareduzierung gefasst. Dies übrigens, nachdem die vorausgegangenen Vorschläge, die 3. Liga zugunsten einer zweigleisigen 2. Bundesliga abzuschaffen oder aber die 3. Liga auf zwei Staffeln zu verkleinern, auf Widerstand gestoßen waren. Seitdem aber war es still geworden um die Reformpläne. Das stört auch HSG-Trainer Breiler: »Ich finde es enttäuschend, dass es keine Kommunikation gab. Bis die Durchführungsbestimmungen kamen, hatten die Vereine keine Information.«

Hintergrund der Umstrukturierung sind die Ziele, den deutschen Frauenhandball im Sinne einer höheren wirtschaftlichen Rentabilität lukrativer zu machen und sowohl mit der Nationalmannschaft als auch mit den Vereinen in der Welt- bzw. europäischen Spitze zu etablieren. Die Modifizierung der 3. Liga mit der Absicht, deren Qualität zu steigern und so die Rahmenbedingungen für Talente zu verbessern, ist dabei Teil eines Drei-Säulen-Plans, der ebenso eine Professionalisierung der Handball-Bundesliga der Frauen sowie eine veränderte Nachwuchsförderung des DHB vorsieht.

So sieht Breiler die DHB-Pläne

»Mir kann zwar keiner erzählen, dass die Reduzierung der 3. Liga dafür verantwortlich ist, dass die Nationalmannschaft erfolgreicher ist«, sagt Breiler. Aber: »Man kann über die Qualität diskutieren. Trotzdem hätte ich mir Kompromissbereitschaft gewünscht, beispielsweise drei Staffeln mit 14 statt nur mit zwölf Mannschaften zu machen. Zwölf Teams sind einfach zu wenig. Da hat man alle zwei Wochen frei und zwei Heimspiele mehr oder weniger machen auch bei den Einnahmen einen Unterschied.« Zumal der finanzielle Aufwand durch weitere Wege zweifelsfrei steigen wird. Der DHB-Vorstandsvorsitzende Mark Schober sagte dieser Zeitung bereits im November 2021: »Natürlich - und das kann ich auch verstehen - neigt jeder Verein dazu, seine Welt zu sehen. Für jeden, der aktuell Drittligist ist und es in Folge der Reform nicht mehr sein könnte, ist das auf den ersten Blick ein Nachteil.« Aber: »Wir glauben, dass eine erfolgreiche Nationalmannschaft den Frauenhandball insgesamt nachhaltig stärkt und allen Vereinen helfen wird.«

Ob Breiler seiner Mannschaft zutraut, auch diese Reform als Drittligist zu überstehen? »Ich würde schon sagen, dass das grundsätzlich möglich ist. Aber man muss schauen, wie die Staffel aussieht. Hat man zwei Zweitligaabsteiger und drei Bundesligareserven bei sich, dann bleiben schon mal nicht mehr so viele Teams übrig, die für die Plätze acht und darunter infrage kommen.« Der HSG-Trainer ahnt: »Für uns wird es in dieser Konstellation in jedem Spiel um alles gehen. Damit fehlt uns die Chance, etwas zu entwickeln und junge Spielerinnen an die 3. Liga heranzuführen.« Grundsätzlich aber, findet Breiler, werde »es immer für Vereine wie uns sportlich und finanziell immer schwieriger, die 3. Liga zu halten. Und es ist natürlich auch die Frage, wie attraktiv es überhaupt ist, regelmäßig auswärts vor 20 Zuschauern gegen zweite Mannschaften zu spielen.«

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