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Trainer Christian Breiler analysiert die abgelaufene Saison.

3. Handball-Liga

Klassenerhalt ist nicht selbstverständlich

HSG Gedern/Nidda: Christian Breiler zieht eine Saisonbilanz und blickt nach vorne.

Gedern/Nidda (flo). Wenn am Wochenende der letzte Spieltag in der 3. Liga Süd-West über die Bühne geht, können die spielfreien Handballerinnen der HSG Gedern/Nidda das in aller Entspanntheit verfolgen. Für die Wetterauerinnen geht es nur noch um zwei Fragen. Nämlich: Auf welchem Tabellenplatz sie einlaufen werden und ob Kirsten Schindler an der Spitze der Torschützinnenliste verbleiben wird. Trainer Christian Breiler zieht derweil bereits Bilanz. Im Interview spricht der 45-Jährige über mangelnde Wertschätzung für den erreichten Klassenerhalt, über die Probleme seiner zuletzt schwächelnden Offensivabteilung und über die dürftige Heimbilanz.

Herr Breiler, Sie haben den Klassenerhalt zuletzt immer wieder als großen Erfolg eingeordnet. Wird der geschaffte Ligaverbleib für Ihr Dafürhalten zu wenig wertgeschätzt?

Für Gedern/Nidda ist ein Klassenerhalt in der 3. Liga keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Erfolg, auch wenn das nach der Vorrunde als Selbstläufer angesehen wurde. Es wird sicher auch deshalb ein bisschen geringgeschätzt, weil wir uns vor der Corona-Pause auf ein anderes Level geschoben hatten. Das ging mit anderen Ansprüchen einher. Wir sind in die 2. Bundesliga aufgestiegen, dort nicht sang- und klanglos abgestiegen, haben trotz Abstieg die Mannschaft zusammengehalten und waren drauf und dran, in der 3. Liga wieder oben anzuklopfen. Dann wurde die Saison abgebrochen - und es hat sich natürlich einiges geändert. Im gesamten Kontext ist es ein riesiger Erfolg, weiterhin 3. Liga zu spielen. Das sieht man auch am Beispiel Eddersheim, die nach dem Umbruch zwar noch die sportliche Chance auf den Klassenerhalt haben, sich aber zurückziehen. Ich denke, spätestens wenn bald die Abstiegsrelegation beginnt, weiß die Mannschaft, was sie geleistet hat.

Die Erwartungen aus der Zeit vor Corona sind das eine. Das andere: Ihre Mannschaft hat die Latte mit der starken Vorrunde natürlich auch hoch gelegt. Daran konnte sie nicht anknüpfen.

Nach dem Jahreswechsel hatten wir eine Ergebniskrise. Wir haben bei Bensheim/Auerbach II eine richtig gute zweite Halbzeit gespielt, aber treffen zum Ende erst den Innenpfosten und bekommen dann im letzten Angriff den Ball nicht mehr aufs Tor. In Mainz haben wir auch ein gutes Auswärtsspiel abgeliefert, aber knapp verloren. Gewinnt man zwei solche Spiele, sieht es schon ganz anders aus. Wir hatten also auch in der Rückrunde Spiele, die wir für uns entscheiden hätten können. Die Liga ist so ausgeglichen, dass mit wenigen Ausnahmen jeder jeden schlagen kann und Kleinigkeiten wie technische Fehler, Chancenverwertung oder Spielglück über Sieg oder Niederlage entscheiden. Dazu kommt, dass es in einer Liga mit nur elf Mannschaften so wenige Spiele sind, dass sich sehr schnell Veränderungen durch die Ergebnisse ergeben.

Die durchschnittliche Trefferzahl Ihres Teams ist von 26,5 Toren pro Spiel in der Vorrunde auf 22,1 Tore pro Spiel in der Rückrunde gesunken. Wie lässt sich das begründen?

Es stimmt, dass wir uns im Angriff in der Rückrunde deutlich schwerer getan haben. Mal war es so, dass wir viele Chancen liegen lassen haben. Wir sind aber auch nicht mehr so ins Tempospiel gekommen, haben weniger richtige Entscheidungen gefällt. Das fällt aber natürlich einfacher, wenn man Erfolg und Selbstvertrauen hat. Ich glaube schon, dass die kurze, nur sechswöchige Vorbereitung dazu geführt hat, dass wir die Leistung aus der Vorrunde nicht etablieren konnten, dass in der Rückrunde ein paar Körner gefehlt haben. In einer längeren Vorbereitung kann man ein anderes Fundament aufbauen, gerade mit einer neu zusammengestellten Mannschaft, bei der nicht alle auf einem hohen Niveau starten, weil sie aus niedrigen Ligen oder längeren Verletzungspausen kommen. Zudem hatten wir in der Rückrunde mehr Ausfälle, was den Trainingsrhythmus immer wieder gestört hat. Sabine Kaiser hatte mal Probleme mit dem Knie, hat sich in den Spielen manchmal unsicher gefühlt. Rica Wäscher hatte Probleme mit dem Knie und mit dem Rücken. Andere Spielerinnen waren stellenweise länger krank.

Inwieweit steht eine Fehleranalyse an, um ableiten zu können, was mit Blick auf die Zukunft besser werden muss?

Wir gehen ja immer in die Analyse der Spiele. Ich schaue mir alle unsere Spiele nochmal an. Daraus Dinge zu entwickeln und zu verbessern, gelingt mal besser und mal schlechter. Aber klar, wir nehmen schon Aspekte mit. Die Anzahl an technischen Fehlern war in vielen Spielen eindeutig zu hoch. Im Bereich um die 20 technischen Fehler wird es schwer, Spiele zu gewinnen. Wir werden das nicht auf null setzen können, aber es wäre schon eine große Verbesserung, das um 50 Prozent zu reduzieren, gerade auch in Stresssituationen. Ein weiteres Thema ist das schnelle Spiel nach vorne. Den schnellen Anstoß beispielsweise müssen wir deutlich druckvoller spielen, da hat in der Rückrunde dann aber auch oftmals der Mut gefehlt. Bei den Spielzügen haben wir ganz, ganz viel Luft nach oben. Ein Beispiel: In Pforzheim hatten wir eine Freistoßsituation, die wir trainiert hatten, aber trotzdem wusste keiner so recht, was wir machen wollen. Es war einfach noch nicht ausreichend gefestigt. Da geht es darum, Abläufe solange zu wiederholen, bis sie automatisiert sind. Deshalb brauchen wir zwei, drei Jahre, wenn wir eine Mannschaft fürs vordere Tabellenmittelfeld entwickeln wollen.

Die HSG stand immer für eine gewisse Heimstärke. In dieser Saison aber wurden erstmals seit dem Aufstieg in die 3. Liga in 2012 auswärts mehr Punkte als zu Hause geholt. Mehr noch: In eigener Halle gab es mehrere deutliche Niederlagen. Woran lag’s?

Das ärgert mich, das ärgert auch die Mannschaft. Vielleicht ist es bei einer jungen Mannschaft, die noch nicht so gefestigt ist, eine Kopfsache. Vielleicht hat sich die Mannschaft auch selbst zu sehr unter Druck gesetzt, es besonders gut machen zu wollen. Vielleicht hat sich das auch durch das Bensheim-Spiel (17:34-Niederlage; d. Red.) verfestigt, als die Halle richtig voll war und wir eine katastrophale erste Halbzeit gespielt haben. Damals habe ich gesagt, dass sowas einmal passiert. Uns ist es aber mehrfach passiert in dieser Saison. Wenn man Heim- und Auswärtsspiele nebeneinander legt, ist da eine gewisse Diskrepanz. Denn auswärts haben wir nur zwei Mal deutlich verloren - in Freiburg und bei St. Leon/Reilingen. Es ist schwierig, das richtig zu erklären. Aber es ist natürlich sehr schade, weil wir neben dem Stammpublikum auch einige Zuschauer haben, die nur ab und zu mal da sind und die schlimmstenfalls keinen einzigen Heimsieg gesehen haben.

Für die beiden Neuzugänge Sibylle Droll und Eva Schneider war es jeweils die erste Drittligasaison. Wie haben sich die beiden für Ihr Dafürhalten geschlagen?

Ich bin mit beiden zufrieden. Sibylle hatte vorher noch nie mit Harz gespielt, da ist sie auch jetzt beim Wurf aus der zweiten Reihe noch unsicher. Wir versuchen, dass sie das noch lernt. Sie hat definitiv viel Potenzial und ist eine absolute Bereicherung für unsere Mannschaft. Eva hatte einen sehr guten Start in die Saison, war dann krank und ist danach in ein Tief gefallen. Gute und schlechte Spiele haben sich dann abgewechselt. Sie hat letzte Saison in der Oberliga auch nicht immer mit Harz gespielt, was eine Erklärung für technische Fehler ist. Dazu ist es bei uns mit den Auslösehandlungen ein ganz anderes Spiel, wobei Eva auch nicht den Vorteil hatte, dass eine gestandene Mittelfrau da gewesen wäre, die ihr helfen hätte können. Dass es bei beiden Schwankungen in den Leistungen gibt, ist ganz normal.

Hannah Niebergall ist zum Saisonende hin zurückgekehrt. Bleibt sie an Bord?

Wir sind dazu im Austausch, werden in den nächsten Tagen darüber sprechen. Es gibt ein paar Fragezeichen, die geklärt werden müssen. Es muss natürlich beispielsweise mit dem Beruflichen passen.

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