Kampfgeist und Fairness

Geiss-Nidda (red). Auf Einladung der in Nidda ansässigen »MT-Sports-Akademie Thaiboxer und Kickboxer« reisten Aktive aus der gesamten Republik an, um sich im Rahmen eines Wettkampfabends zu messen. Autos von Startern mit Kennzeichen aus München, Rheinland-Pfalz, Köln und dem Saarland waren vor dem Geiß-Niddaer Dorfgemeinschaftshaus geparkt, aber auch ein befreundetes Gym aus Frankfurt war mit mehreren Kämpfern in Nidda vertreten, wie Nils Weyand vom gastgebenden Klub mitteilte:
»56 Kämpferinnen und Kämpfer erschienen zum obligatorischen Wiegen und zum Arztcheck.«
Dieser Arztcheck sei vorgeschrieben und wichtig, so Bianca Weyand, die Inhaberin der MT-Sports Akademie. »Da auch Kinder bei uns kämpfen, gehen wir noch einen Schritt weiter. Vorgeschrieben ist, dass ein Arzt die Kämpferinnen und Kämpfer vor dem Kampf durchcheckt. Wir haben unsere Ringärztin zusätzlich speziell für die Tätigkeit im und am Boxring von Experten eines Boxsportverbandes ausbilden lassen.« Und das habe funktioniert: Zwei Kämpfer durften nicht antreten, konnten aber kurzerhand ersetzt werden.
Insgesamt gingen im Dorfgemeinschaftshaus in Geiß-Nidda 32 Kämpfe vor insgesamt 400 Besuchern über die Bühne. »Ein Knochenjob auch für das Kampfgericht, das durch den Muay-Thai-Bund Deutschland gestellt wird«, so der Veranstalter.
Chefin des Kampfrichterteams war die erfahrene Kampfrichterin Derya Akgun. Durch klare Absprachen im Vorfeld bei der Trainerbesprechung verliefen alle Kämpfe ohne Störungen. Durch das konsequente Durchziehen der Regeln gab es keine schwereren Verletzungen.
Zunächst starteten die Kids. Die jüngsten waren sechs Jahre alt. Wer nach den »ifma«-Regeln (International Federation of Muaythai Associations) kämpft, trägt im Amateurbereich neben Boxhandschuhen auch Schienbein- und Ellbogenschützer, Tiefschutz, Kopfschutz, Oberkörperschutz und natürlich einen Zahnschutz. Bis zum Alter von zwölf Jahren ist übrigens kein Kontakt zum Kopf erlaubt. Circa 130 Kinder trainieren derzeit in Nidda bei der MT-Sports Akademie. Zehn davon traten in Geiß-Nidda an, darunter auch die achtjährige Deutsche WFMC-Vize-Meisterin im K1-Kickboxen, die aus dem benachbarten Ranstadt kommt, Linea Weyand. Nur drei der MT-Sports Kids unterlagen, einer davon ist Erstkämpfer. Der sechsjährige Milan Gottschalk aus Nidda macht es seinem größeren, schwereren und erfahreneren Gegner aus Rheinland-Pfalz schwer, unterlag aber nach Punkten.
Die beiden Brüder Florian und Felix Gansen aus Geiß-Nidda dominierten ihre Gegner. Der Gegner von Felix musste aufgeben. Auch die beiden Brüder Anes und Amar Ahmetovic aus Nidda überzeugten. Der ältere Amar war seinem Gegner weit überlegen. Sein kleiner Bruder Anes, im Alter von neun Jahren bereits C-Klasse Kämpfer (über drei gewonnene Kämpfe), hatte es schwer. Gegen einen ebenbürtigen Kontrahenten mit mehr Erfahrung erkämpfte er sich ein Unentschieden.
Auch die achtjährige Selina Malcher und der gleichaltrige Sebastian Beldianu zählten am Abend zu den Gewinnern.
Headcoach Nils Weyand relativiert das: »Alle Kids, die bei uns trainieren, sind Gewinner. Mal gewinnt man, mal verliert man. Beides ist wichtig. Manchmal ist es im Leben wichtiger ein guter Verlierer zu sein und mit Niederlagen umgehen zu können. Das muss man lernen. Bei uns lernen die Kids neben Kampfsport und Selbstverteidigung auch wie man damit umgeht, zweiter Sieger zu sein. Fairness steht über allem.«
Muaythai ist eine olympischer Sport - und das nicht ohne Grund. Kampfsport sei eine tolle Möglichkeit, den Kids dabei zu helfen einen guten Charakter zu entwickeln. »Man trainiert seinen Gegner körperlich zu besiegen. Dabei lernt man mit dem Medium Gewalt richtig umzugehen und vor allem lernt man, sich zu kontrollieren. Kampfsportler sind keine Schläger. Kids oder auch junge Erwachsene, die auffällig sind, werden bei uns nicht trainiert«, so Nils Weyand.
Am Abend kämpften schließlich die Erwachsenen in Geiß-Nidda. Darunter Chris »The Beast« Häberling aus Nidda. Sein Gegner musste sich bereits nach zehn Sekunden mit einer Schulterverletzung geschlagen geben. 15 Treffer durch Fäuste, Tritte, Knie- und Ellbogenstöße musste sein Kontrahent in diesen zehn Sekunden einstecken. Chris Häberling, der vor zwei Jahren von einer anderen Kampfsportschule zu MT-Sports gewechselt is, »freute sich nur bedingt über den Sieg. Bevor der Gegner durch die Ringärztin aus der Ecke gebracht wurde, ging er zu seinem Kontrahenten und verbeugt sich vor ihm«, erklärte Weyand. Häberling: »Respekt und Fairness sind sehr wichtig. Wir kämpfen hart, aber freuen uns nicht darüber, wenn der Gegner dadurch ernsthaft zu schaden kommt.« Auch in diesem Fall kam es nicht zu einer Verletzung, die Folgen hatte. »Schwere Verletzungen sind im Kampfsport seltener als beim Handball« so der Headcoach von der MT-Sports Akademie. Ein weiterer Kampf eines Erwachsenen der MT-Sports Akademie wurde durch die erfahrene Chef-Kampfrichterin Derya Akgun abgebrochen. »Zu viel Härte, beide sind Newcomer.« Der Kampf wurde unentschieden gewertet. »Zu hart für Newcomer«, sagt Derya Akgun. Moritz Nagel aus Nidda war am Auge leicht verletzt. Er lächelte: »Ich hätte gerne weiter gemacht.« Ein weiterer Kämpfer der MT-Sports-Akademie hatte Pech. Ein unglücklicher Treffer verletzt ihn zu Beginn des Kampfes am Auge. Sascha Held ging trotzdem lächelnd aus dem Ring: »Bei der nächsten Gala im Januar stehe ich wieder im Ring.«
Die MT-Sports Akademie ist eine seit 2020 in Nidda ansässige Kampfsportschule, die neben Kampfsport auch Selbstschutz unterrichtet, erläuterte Nils Weyand. Circa 250 Mitglieder zähle die MT-Sports-Akademie, darunter etwa 30 aktive Wettkämpfer aller Alters- und Leistungsklassen. Neben Kickboxen und Thaiboxen könne die Kategorie »Kids I.N.KAS Kids« kennengelernt werden. Hierbei handele es sich um eine Weiterentwicklung eines Hybrid-Selbstschutzsystems, das Techniken und Taktiken verschiedener Kampfkunst- und Kampfsportarten beinhalte. Nils Weyand, Polizeihauptkommissar a. D., bringt nach eigenen Angaben Erfahrung aus 28 Jahren Polizeidienst und über drei Jahrzehnten Kampfsport und Kampfkunst in das Training ein. Sein Statement: »Wenn es um das Thema Selbstschutz geht, trainieren wir nur das, was funktioniert. Dabei trainieren wir wie die Profis nicht nur am Boxsack, sondern in Rollenspielen und Szenarientrainings nah an der Realität, übrigens auch schon mit den Kids. Der Spaß kommt trotzdem nicht zu kurz. Wir sind mit unseren I.N.KAS-Kids-Kursen auch in den örtlichen Kitas und Schulen unterwegs.« Im Dezember sollen übrigens neue Räumlichkeiten »An der Krötenburg« in Nidda. bezogen werden.
