Erst Liga sichern, dann viel probieren

Gedern/Nidda (flo). Seit etwas über zweieinhalb Wochen befinden sich die Handballerinnen der HSG Gedern/Nidda in der Winterpause. Dies sicherlich mit dem guten Gefühl, sich mit 13:11 Punkten ziemlich stabil im Tabellenmittelfeld der 3. Liga Süd-West festgesetzt zu haben. Zeit für eine Zwischenbilanz. Im Interview spricht Trainer Christian Breiler (45) über die bisherige Ausbeute, den verkorksten Jahresabschluss und die Ziele für die verbleibenden acht Rückrundenpartien.
Herr Breiler, eigentlich wäre es ein Anlass, um über die starke Hinrunde zu sprechen. Die Niederlagen gegen Eddersheim (23:30) und St. Leon/Reilingen (22:34) zum Rückrundenstart haben aufgrund Ihrer Art und Weise aber Kratzer im Gesamtbild hinterlassen. Haben Sie einen Erklärungsansatz?
Genau erklären kann man das nicht. Wir hatten ein langes Jahr mit Höhen und Tiefen, haben erst im Juni den Klassenerhalt gefeiert, hatten dann einen Umbruch und eine ganz kurze Vorbereitung. Insgesamt war es ein Jahr, das an die Substanz ging. Es kann schon sein, dass jetzt zum Ende hin der Tank sowohl körperlich als auch vom Kopf her leer war. Aber ich glaube genauso, dass die kurze Vorbereitung eine Rolle gespielt hat. Das kann gar nicht so eingespielt und gefestigt sein, dass es gegen alle Widerstände funktioniert.
Die Stärke der Mannschaft war Ihre Kampf- und Widerstandskraft. Sie hat mehrfach Rückstände in Siege umgebogen. So gesehen waren diese chancenlosen Abfuhren in den letzten beiden Spielen ein echtes Kontrastprogramm.
Wir hatten hinten raus natürlich auch personelle Schwierigkeiten. Eva Schneider ist als neue Mittelfrau gut in die Saison gestartet, dann war sie drei Wochen krank, hatte zuletzt einfach keine Körner mehr und hat sich schlapp gefühlt. Weil Emma Niebergall regelmäßig bei ihrem Jugendteam ist, hat dann teilweise Kirsten Schindler auf der Mitte gespielt. Dann haben diese Spiele negativ begonnen und wir hatten nicht die Struktur oder Stärke, unseren Stiefel runterzuspielen. Ich mache den Mädels keinen Vorwurf, dass sie nicht gekämpft haben. Aber sie sind alle sehr jung, spielen zum Teil auf neuen Positionen - da war dann einfach keine, die die anderen mitreißen konnte. Es war zum Ende sowohl im Angriff als auch in der Abwehr nicht mehr gut.
Nach zwölf von 20 Spielen stehen 13:11 Punkte und Platz fünf zu Buche. Sind Sie zufrieden?
Klar wünscht man sich, dass die Leistungen konstant sind. Aber wir müssen die Kirche auch im Dorf lassen: Angesichts des Umbruchs war das so nicht zu erwarten. Deshalb war die bisherige Saison insgesamt eindeutig positiv, deshalb ist der Tabellenstand sehr erfreulich. Nachdem alle einmal durchgeschnauft haben, wollen wir uns im neuen Jahr wieder besser als zuletzt präsentieren. Wenn wir noch ein paar Punkte holen und nochmal drei Monate Gas geben, dürfte es hoffentlich so früh wie möglich klar sein, dass wir die Klasse halten. Ich bin sehr optimistisch, dass wir das schaffen werden.
In der Tat läuft die Saison sicherlich sorgenfreier, als das im Vorfeld zu erwarten war. Was sind für Ihr Dafürhalten die Hauptgründe dafür?
Zum einen sicher die Arbeit im Training. Die Anzahl der Spielerinnen im Training ist deutlich höher als letzte Saison. Ich weiß, wie es ist, wenn man nur mit sieben, acht Spielerinnen trainiert. Da ist es dann einfach schwierig, einen kontinuierlichen Trainingsprozess hinzubekommen. Dass wir mit Eva Schneider, Sibylle Droll oder Sabine Kaiser Spielerinnen dazubekommen haben, hat sich auf unser gesamtes Arbeiten ganz klar positiv ausgewirkt. Das hat bedingt, dass wir zum anderen auch gut in die Saison gestartet sind. So hat die Mannschaft den Glauben an sich bekommen und ist mit Selbstvertrauen in die Spiele gegangen. Denn vor der Saison wusste ja keiner, wo wir stehen.
Die Mannschaft hat die Gegner bei ihren sechs Siegen selten in Grund und Boden gespielt, sie hat mit Grundtugenden und Wechseloptionen gepunktet. Welche spieltaktischen Schritte erhoffen Sie sich für die Restsaison?
Wenn wir nicht aus dem Rückraum treffen, wenn es im Angriff mal nicht so einfach von der Hand geht, dann müssen wir mehr Struktur und mehr Geduld reinbekommen. Auch im Zusammenspiel mit der Kreisläuferin können wir wieder gefährlicher werden. Von der Abwehr her wollen wir weiterhin ein offensives System als Variation mitaufnehmen. Ich bin guter Dinge, dass wir diese Sachen im neuen Jahr wieder mit neuer Frische angehen können.
Sie haben mehrfach angekündigt, die Spiele 2023 auch dazu nutzen zu wollen, manches auszuprobieren. Was schwebt Ihnen vor?
Wir werden die eine oder andere Spielerin auf anderen Positionen ausprobieren. Und wir wollen eben dahinkommen, das offensive Abwehrsystem tatsächlich auch mal in den Spielen umzusetzen. Wir haben die Spielertypen dazu, müssen aber die Abläufe reinbekommen. Das ist ein Prozess. Das Ziel ist, dass wir das Abwehrsystem im Spiel ohne Qualitätsverlust wechseln können, um den Gegner vor Probleme zu stellen, um ihn zu stressen. Wir werden das in der weiteren Saison sicherlich mal machen.
Hanna Rösner kommt aus einer langen Verletzungspause zurück, ist seit einigen Wochen wieder im Mannschaftstraining. Klara Engel ist von einem mehrmonatigen Auslandsaufenthalt zurückgekehrt. Wie planen Sie mit den beiden Rückkehrerinnen?
Bei Hanna reagiert das Knie manchmal noch. Wenn das nicht mehr so ist, kann sie uns in der Abwehr sofort weiterhelfen. Im Angriff braucht sie nach einer so langen Pause sicher erst wieder die nötige Sicherheit. Bei Klara müssen wir schauen, wie der körperliche Zustand ist, wie sie wieder reinkommt. Aber grundsätzlich sind beide Spielerinnen, die uns aufgrund ihrer Persönlichkeit helfen, die Führungsrollen übernehmen, die in der Abwehr den Ton angeben und dirigieren können. Sie helfen uns, auch mal über die Abwehr in Spiele rein zu finden. Das wird nicht alles von heute auf morgen gehen, aber sie erweitern unsere Möglichkeiten und erhöhen die Qualität im Training und somit letztendlich auch im Spiel.