Emotionaler Ausnahmezustand
Bad Nauheim (mn). »Bick. Bick. Bick«. Als Torwart Felix Bick am Donnerstagabend eine gute Dreiviertelstunde nach der Schlusssirene de VIP-Raum betrat, wurde er mit Sprechchören und Beifall empfangen. Das hatte es im Colonel-Knight-Stadion so schon lange, lange nicht mehr gegeben. Der 30-Jährige war in den 60 Spielminuten zuvor einmal mehr über sich hinausgewachsen, und war ohne Gegentor geblieben und hat dem EC Bad Nauheim in Spiel vier im Playoff-Halbfinale den Sieg festgehalten.
Mit einem 1:0 (1:0, 0:0, 0:0)-Erfolg konnte der krasse Außenseiter die Führung in der Best-of-seven-Serie mit den Kassel Huskies auf 3:1 ausbauen.
Die Nordhessen waren zum ersten Mal überhaupt in dieser Saison ohne eigenen Torerfolg geblieben. Den alles entscheidenden Treffer für die Roten Teufel hatte Daniel Weiß erzielt. Am Samstag (19.30 Uhr) wird die Serie in Kassel fortgesetzt. Ein mögliches sechstes Spiel würde am Montag (18.30 Uhr) in Bad Nauheim stattfinden.
»Wenn du kein Tor schießt, kannst du das Spiel nicht gewinnen. Wir hatten mehr als genug Chancen, müssen vor dem Tor aber mehr Schärfe in unsere Aktionen bringen«, sagt Bo Subr, der Coach der in der Hauptrunde quasi unantastbaren Huskies. Neben ihm musste Harry Lange, der Trainer der Mittelhessen, erneut tief durchatmen. »Die Jungs haben sich wieder reingeworfen, haben alles geben. In den vier Spielen waren wir wahrscheinlich viermal schlechter. Wir sind noch ganz weit weg, um von einer Entscheidung sprechen zu können.«
Das vierte Duell binnen sieben Tagen hatte einmal mehr gefesselt, den Atem genommen, begeistert und in einen emotionalen Ausnahmezustand versetzt. Hier die als unantastbar geltenden Nordhessen mit ihrer spielerischen Qualität, dort die Roten Teufel, die mit großer Fähigkeit zur Leidenschaft und Aufopferungsbereitschaft um jeden Zentimeter Eis gekämpft hatten.
Rund zwei Dutzend geblockte Schüsse waren am Ende von den Statistikern gezählt worden. Es waren die Leistungsträger, die vorangegangen und sich dafür nicht zu schade waren.
Schlüsselcharakter hatte eine Szene aus der 30. Minute. Kassel feierte den vermeintlichen Ausgleich durch Tomas Sykora. Nach minutenlangem Videostudium revidierten die Unparteiischen aber ihre Entscheidung, nahmen den Treffer zurück.
Wer weiß, wie die Partie gelaufen wäre, der Schuss von Alec Ahlroth wäre in der siebten Minute von der Unterkante der Latte hinter statt vor die Linie gesprungen, die Huskies wären einmal ein Führung gegangen? Stattdessen traf Weiß, wieder einmal kurz vor der Pause für die Mittelhessen. Der langjährige DEL-Profi hatte vor Jake Kielly die Nerven behalten (19.). Bad Nauheim setzte war offensive Nadelstiche, doch rollte eine Angriffswelle auf die nächste in die Verteidigungszone der Roten Teufel.
Man musste sich zwischenzeitlich fragen, wie es beispielsweise den Ex-Teufel Tristan Keck und Jamie Arniel überhaupt gelungen ist, klarste Torchancen nicht zu nutzen. Im Schlussabschnitt sorgten Roten Teufel durch drei Hinausstellungen noch für zusätzliche Spannung, am Ende hatte sich Wille gegen Talent durchgesetzt.
EC Bad Nauheim: Bick - Sekesi, Köhler, Schmidt, Seifert, Erk, Hafenrichter, Wachter - Herrmann, Coffman, Hickmott, Körner, Vause, Pollastrone, Cerny, Weiß, Steck, Pauli, El-Sayed, Bartuli.
Kassel Huskies: Kielly - Keussen, Tramm, Faber, Dottner, Schevyrin, Müller, Geischeimer - Preto, Ahlroth, Mieskowski, Lowry, Weidner, McGauley, Spitzner, Arniel, Sykora, Schlenker, Tschwanow, Keck.
Tore: 1:0 (19.) Weiß (Schmidt, Coffman). - Schiedsrichter: Janssen/Neutzer.
Strafminuten: Bad Nauheim 16, Kassel 10. - Zuschauer: 4450 (ausverkauft).