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Ein wahrgewordener Traum

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Von: Michael Nickolaus

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Schlusssirene im Colonel-Knight-Stadion: Die Spieler des EC Bad Nauheim liegen sich in den Armen und feiern den Einzug in das Playoff-Finale der Deutschen Eishockey-Liga 2. © AGENTUR CHUC

Bad Nauheim (mn). Playoff-Finale! Die Teilnahme des EC Bad Nauheim an der Best-of-seven-Serie um die Meisterschaft in der Deutschen Eishockey-Liga 2 klingt auch am Tag danach noch surreal, märchenhaft, wie ein wahrgewordener Traum. Das Kopfkino zeigt in Endlos-Schleife die Erinnerungen an den Montagabend als die Roten Teufel die als unantastbar eingestuften Kassel Huskies zerlegt und gedemütigt hatten (8:

2); und das im Fokus von ganz Eishockey-Deutschland, da das sportliche Schicksal von Erstliga-Urgestein Augsburg von Resultat der Zweitliga-Serie abhängig war. In der Fuggerstadt wurde spontan der DEL-Klassenerhalt gefeiert, da Bad Nauheim und auch Final-Konkurrent Ravensburg aufgrund mangelnder lizenzkonformer Heimspielstätte auf eine DEL-Bewerbung verzichtet haben.

»Jetzt, wo wir im Finale stehen, wollen wir natürlich auch noch ein bisschen Musik machen«, sagt Harry Lange. In seiner zweiten Saison als Cheftrainer hat der Österreich den Vorjahreserfolg der Mittelhessen getoppt. Die Serie startet am Sonntag in Ravensburg. Im Colonel-Knight-Stadion wird am Dienstag und Sonntag nächster Woche gespielt.

Die Final-Teilnahme: Harry Lange zeigte sich während der Pressekonferenz sichtlich berührt. »Ich bin jetzt auch schon eine Zeit lang hier. Und wenn man sieht, wo wir hergekommen sind und wo wir jetzt stehen: Ich bin unfassbar stolz.« 2012, damals als Spieler war Lange in die Wetterau gekommen, hatte im April 2013 in Kassel mit den Roten Teufeln die Oberliga-Meisterschaft gewonnen. Es folgten DEL 2- Abstiegskämpfe und schnelle Playoff-Serien. Nach seiner aktiven Laufbahn assistierte er dem DEL-erfahrenen Christof Kreutzer als Co-Trainer und übernahm im Februar 2021 zunächst als Interimslösung die Profi-Mannschaft, die er nun zur ersten Zweitliga-Final-Teilnahme seit 1999 geführt hat. Zum ersten Mal überhaupt hat sich eine Mannschaft außerhalb der Hauptrunden-Top-Vier der DEL 2-für das Endspiel qualifiziert.

Das hat im Derby den Unterschied gemacht: Harry Lange hat es während der Pressekonferenz auf den Punkt gebracht. »Du brauchst den besseren Torwart, die besseren Über- und Unterzahl-Formationen, Glück und Herz. All das hatten wir in dieser Serie.« Keeper Felix Bick spielt aktuell auf dem höchsten Level seiner Laufbahn, auf den Importspieler-Positionen war Bad Nauheim besser besetzt und hat fehlende individuelle Klasse im Kader durch Herz ausgeglichen.

Was sich nun tut: Harry Lange gehörte beim Deutschland-Cup im vergangenen November dem Trainer-Stab der Nationalmannschaft von Österreich an. Mit ihm hatte der Verband auch in der WM-Vorbereitung geplant. Jetzt wird Lange erst verspätet dazustoßen können. Die Stadt Bad Nauheim wollte in dieser Woche die Kühlanlage abstellen. Jetzt muss noch mindestens bis 23. April Eis aufbereitet werden. Den Finaleinzug gilt es nun natürlich zu vermarkten. Angefangen bei Merchandising-Produkten und Fanware-»Specials«. Zudem gibt es Überlegungen, die VIP-Kapazitäten zu erweitern.

Kurios: Die Feier zum »Zehnjährigen« DEL 2-Jubiläum mit zahlreichen Mitgliedern der Meistermannschaft am 22. April liegt terminlich genau zwischen den Final-Spielen drei und vier. Eishockey hält die Region in den kommenden Tagen also in Atem.

So wurde bei DEL-Klub Augsburg mitgefiebert: Christof Kreutzer, vor wenigen Wochen als Sportlicher Leiter und Trainer bei den Augsburger Panther, räumt ein: »95 Prozent der Planungen waren auf die zweite Liga ausgerichtet. Dass Bad Nauheim die Serie gewonnen hat: unglaublich.« Kreutzer, von 2017 bis 2019 Trainer der Roten Teufel, hatte seinen Ex-Klub noch live in Kaufbeuren gesehen, das Halbfinale aber durchweg vor dem Ticker verfolgt. Er sei auch bei der 3:1-Serien-Führung noch skeptisch gewesen, habe im Eishockey schon zu vieles erlebt. Natürlich wurde am Montagabend direkt gesimst und telefoniert. Ein großes Kabinenfest hatten die Panther der Mannschaft der Teufel mal in Aussicht gestellt. An einem Spiel während der Saison-Vorbereitung werde man arbeiten, heißt es zudem. »In Augsburg hatte man sich mehr oder weniger mit dem Abstieg abgefunden. Jetzt wollen wir etwas zurückgeben«, sagt Kreutzer, der den überraschenden Klassenerhalt mit einem »guten Rum« gefeiert hat.

Hier gibt’s die Tickets für das Finale: Am Donnerstag starten beide Klubs den freien Verkauf für ihre jeweils beiden Heimspiele. In Ravensburg ist der Server um 14 Uhr freigeschaltet, in Bad Nauheim geht’s um 16 Uhr los. Für die Spiele im Colonel-Knight-Stadion werden die Preise um zwei (Stehplatz), beziehungsweise fünf Euro (Sitzplatz) erhöht. Das vergangene Heimspiel der Roten Teufel war binnen einer halben Stunde ausverkauft.

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