Ein Führungsspieler tritt ab

Der Ex-Oberauer Michael Kuhl beendet seine Karriere in Marköbel.
Oberau/Marköbel (fsr). Als Michael Kuhl als junger, gerade mit den Sportfreunden Ober-au aus der Gruppenliga Frankfurt Ost abgestiegener Fußballer im Sportheim der SG Marköbel mit dem damaligen Spielausschuss-Vorsitzenden Uwe Meininger bei einer Cola einen Vereinswechsel auslotete, konnte er noch nicht ahnen, dass er an diesem Abend das letzte Mal seine Unterschrift auf einen Wechselantrag setzen würde. Knapp 15 Jahre ist das inzwischen her. Im Juni beendete der aus Calbach stammende 37-Jährige im Trikot der SGM seine aktive Karriere. Passend mit einem glatten 3:0-Erfolg über die Sportfreunde Oberau, seinem Jugendverein.
Eher durch einen Zufall kam einst der Wechsel zur SG Marköbel zustande. »Ich war damals mit meinem Vater in einem Elektronikmarkt einkaufen, als uns Marköbels Torhüter Ludger Vanheiden über den Weg gelaufen ist. Wir haben lange über Fußball gesprochen und ein paar Tage später hat Ludger mich bei den Marköbeler Verantwortlichen ins Gespräch gebracht«, erinnert sich Kuhl.
Der heutige stellvertretende Vorsitzende Mark Wesenberg, damals Kapitän des Teams, war anfangs vom sich anbahnenden Transfer gar nicht mal Feuer und Flamme. »Der Michi hatte damals so schwarz-blond gesträhnte Haare und ist mir als Gegenspieler auf dem Platz immer durch Theatralik aufgefallen. Doch dann habe ich ihn einfach mal auf Studi-VZ angeschrieben und schnell gemerkt, welch feiner Kerl er doch ist«, schmunzelt Wesenberg über eine zurückliegende Begebenheit. Studi-VZ hat als Kommunikationsmittel längst ausgedient und auch in Sachen Haarpracht hat sich der junge Familienvater Kuhl weiterentwickelt.
Leistungsträger in der Gruppenliga
Über ein Jahrzehnt war Kuhl Leistungsträger des Gruppenligisten, etliche Jahre Kapitän. In der Jugend und als junger Seniorenspieler noch vorwiegend im Sturm agierend, fand er in Marköbel seine Position im zentralen Mittelfeld. Kluges, vorausschauendes Spiel und Zweikampfstärke zeichneten ihn aus. »Mit der Zeit ist meine Torgefährlichkeit etwas auf der Strecke geblieben und ich habe sie bis zum Schluss auch nicht mehr gefunden«, lacht der in Calbach aufgewachsene Fußballer, der inzwischen mit seiner Frau und den beiden Kindern Max und Emma in Erlensee lebt. Seine Lieblingsposition sei direkt hinter den Spitzen als Zehner gewesen. »Gerne mit zwei Sechsern dahinter. Was gibt es Schöneres, als wenn man gleich von zwei Mitspielern den Rücken freigehalten bekommt«, findet Kuhl. Auf dem Spielfeld war er sich selbst aber für nichts zu schade. »Auch außerhalb des Platzes ist Michi immer vornewegmarschiert. Für die Kabine war er ein ganz wichtiger Mann«, charakterisiert Mark Wesenberg seinen langjährigen Kollegen als Führungsspieler.
Reizte ihn da nicht auch der Sprung in die nächsthöhere Klasse? »Die Gruppenliga war die meinem Niveau entsprechende Liga. Dort konnte ich spielen, ohne mich verbiegen zu müssen«, erklärt er. Ohnehin sei es immer seine Motivation gewesen, gemeinsam mit Freunden in einem angenehmen Umfeld Fußball spielen zu können. Dies war bei der SG Marköbel gegeben. Durch sein dort erarbeitetes Standing konnte der in der Immobilienbranche tätige Betriebswirt berufliche wie familiäre Verpflichtungen immer gut mit seinem Hobby in Einklang bringen. »Bei einem Wechsel in die Verbandsliga wäre dies ohne mehr Zeitaufwand und Mühen nicht möglich gewesen«, glaubt Kuhl. Auch für die Sportfreunde Oberau spielte Michael Kuhl mit Ausnahme einer Kreisoberliga-Saison immer in der Gruppenliga. Zwischenzeitlich war der Mittelfeldspieler noch eine halbe Runde für Teutonia Staden in der Gruppenliga Frankfurt West aktiv.
Bei der SG Marköbel fühlte sich Kuhl auf Anhieb wohl. »Ich glaube es war ein Plus, dass bei uns die Spieler nicht so aufs Geld geschaut haben«, meint er. Zum teils rollenden Rubel im Amateurfußball hat er eine klare Meinung. »Wer in diesen Ligen auf die Euros eines Vereins angewiesen ist, um seinen Lebensunterhalt damit zu bestreiten, der hat grundsätzlich etwas falsch gemacht.« Großer Zusammenhalt war bei der SGM in vielen sportlich kritischen Spielzeiten der Schlüssel zum Klassenerhalt. Ebenso die personelle Kontinuität. Michael Kuhl ist nicht der einzige Fußballer, der von auswärts kam und lange Zeit der SG Marköbel die Treue gehalten hat. »Spieler wie Audrius Vetchel, Ludger Vanheiden oder Sven und Mark Wesenberg haben mich über sehr lange Zeit begleitet, Wolfram Rohleder war zwölf Jahre lang mein Trainer«, erinnert sich Kuhl. Die SG Marköbel ist seine fußballerische Heimat geworden, hier wird er auch nach der Karriere als häufig zu Gast sein. In naher Zukunft aber nur als Zuschauer. Die direkte Übernahme eines Vereinspostens kam für Michael Kuhl nicht infrage. »Ich will erst mal ein bisschen Abstand gewinnen und die freien Sonntage mit der Familie genießen«, erzählt er. Das Ende seiner Karriere sei ein wohlüberlegter Schritt gewesen. »Die Prioritäten haben sich einfach verschoben«, meint er gelassen.
Endlich konnte er drei Wochen in den Urlaub fahren. »Und es macht auch unheimlich Spaß, ohne Zeitvorgabe laufen zu gehen.« Michael Kuhl vermisst den Fußball (noch) nicht.