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Ein (fast) unmoralisches Angebot

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Tim Coffman hat einen ereignisreichen Sommer hinter sich. Jetzt stürmt der US-Amerikaner für den EC Bad Nauheim. © Red

Bad Nauheim (hss). 127 000 US-Dollar in 16 Minuten. Pro Spieler wohlgemerkt! Ein (fast) unmoralisches Angebot. Und ein Traum, der für Tim Coffman letztlich nicht in Erfüllung gegangen ist. Dennoch liegt ein außergewöhnlicher Sommer hinter dem amerikanischen Neuzugang des Eishockey-Zweitligisten EC Bad Nauheim. Neun Wochen lang war der 34-jährige Stürmer im Rahmen der neu geschaffenen 3Ice-League in verschiedenen Städten Nordamerikas unterwegs.

Im Overtime-Format Drei-gegen-Drei kämpften die sechs Mannschaften immer samstags um lukrative wöchentliche Siegprämien und schließlich um den Gesamtsieg beim großen Final-Event in Las Vegas. Das »Team Mullen«, für das Coffman im Vorfeld gedraftet wurde, gewann insgesamt fünf Einzelturniere. Im Endspiel in der »Sin City« fehlte beim 3:4 gegen »Team Trottier« aber einfach das Quäntchen Glück zum exorbitanten Coup.

Tim Coffman, Sie haben einen für Eishockey-Profis außergewöhnlichen Sommer hinter sich. Welche Erfahrungen nehmen Sie aus der 3Ice-League mit?

Das war vielleicht der schönste Sommer, den ich je hatte. Es war fantastisch, jedes Wochenende in einer anderen Stadt in Nordamerika zu verbringen. Ein guter Weg, um in Form zu bleiben und Geld zu verdienen, was für Profispieler in diesen Monaten nicht immer einfach ist. Es war ein tolles Erlebnis für mich und ich bin dem EC Bad Nauheim sehr dankbar, dass man mich diese Erfahrungen hat sammeln lassen.

Wie sind Sie in diese lukrative Liga gekommen?

Einer meiner Freunde aus der tschechischen Liga wurde gefragt, ob er dabei sein möchte. Er hat meinen Namen an den Boss der 3Ice-League weitergegeben. Ich kam in den Draft und wurde von »Team Mullen« ausgewählt.

Jede Mannschaft bestand aus Torhüter und sechs Feldspielern, die Trainer waren ehemalige NHL-Idole. Sie haben für das von Joe Mullen - einem früheren Star der Pittsburgh Penguins - gecoachte Team gespielt. Kannten Sie ihn oder Ihre Nebenleute vorher?

Ich wusste natürlich, wer Joe Mullen ist. Aber ich kannte weder ihn noch meine Teamkollegen persönlich. Gegen einige hat man schon mal gespielt und vielleicht waren auch welche dabei, die man auf dem Eis nicht besonders mochte. Es war ein Riesenspaß, jetzt miteinander zu spielen und sie auch abseits der Eisfläche kennen zu lernen. Ein paar Kanadier durften nicht teilnehmen, weil es Visa-Probleme gab. Näher kannte ich nur Colton Saucerman und Jeff Taffe.

Ihr Team hat das Finale in Las Vegas knapp mit 3:4 verloren. Jeder Spieler des Siegerteams erhielt unglaubliche 127 000 Dollar. Wie groß war die Diskrepanz zum zweiten Platz?

Für den Zweiten gab es 7000 Dollar, das ist also eine schon verrückte Differenz von 120 000 Dollar.

Ich habe noch nie um so viel Geld in nur 16 Minuten gespielt. Wenn der erste Puck fällt, fokussiert man sich auf Hockey. Jeder der Profis hat das schon erlebt: Du machst ein wirklich gutes Spiel, aber der Torwart schnappt dir den Sieg weg. Das ist einfach nur Mist.

Dennoch hat sich die 3Ice-League auch für Sie finanziell gelohnt. Mit 34 Punkten zählten Sie zu den erfolgreichsten Scorern…

Ja, stimmt. Wir haben mit »Team Mullen« auch fünf Einzel-Events gewonnen und gutes Geld verdient.

Wie lange und wo haben Sie sich auf diesen neu kreierten Wettbewerb vorbereitet?

Nachdem wir mit dem SC Langenthal in der ersten Playoff-Runde der Swiss League ausgeschieden waren, bin ich noch einen Monat in Davos geblieben. Das Schlittschuhlaufen hat nie aufgehört und zu Hause in Utica konnte ich im Schnitt dreimal pro Woche auf Eis trainieren.

Welche Eindrücke haben Sie nach der kurzen Vorbereitung und den ersten Saison-Wochen beim EC vom Klub und der Stadt gesammelt?

Bad Nauheim ist eine schöne Stadt. Perfekt für mich, nicht zu groß, nicht zu klein. Es ist wunderbar, viel Grün und die Parks um sich zu haben. Über den Klub habe ich mich mit ein paar Jungs ausgetauscht, denen es hier ausnahmslos gut gefallen hat.

Warum haben Sie die Schweiz verlassen, nachdem Sie dort vier Jahre erfolgreich in der Zweiten Liga, der Swiss League, gespielt hast?

Ursprünglich sollten in Langenthal die Verträge mit den Import-Spielern verlängert werden. Aber es gab finanzielle Probleme und im Juni wurde uns mitgeteilt, dass kein Geld da wäre. Die Schweiz war meine erste Wahl, weil meine Freundin Nastja hier lebt und als Tennis-Trainerin in Zürich arbeitet. Harry Lange hat das bei unseren ersten Telefonaten verstanden und respektiert, ist aber hartnäckig geblieben. Das gefiel mir, und die Gedanken, nach Deutschland zu wechseln, wurden immer konkreter. Ja, Harry war ein wichtiger Grund, mich für Bad Nauheim zu entscheiden.

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