Ein 40-Jähriger braucht mehr Erholung

Region (fsr). Regionalliga-Absteiger FC Gießen hat mittlerweile die Tabellenführung in der Fußball-Hessenliga übernommen. Der ehemalige Spielertrainer des FC Hanau 93, Michael Fink, zählt im Team von Coach Daniyel Cimen als Innenverteidiger und spielender Co-Trainer zu den Stützen. Im Gespräch mit dem Kreis-Anzeiger spricht der ehemalige Bundesliga-Profi über die aktuelle Lage in Hessens höchster Spielklasse.
Hallo Herr Fink, schaut man die Aufstellungen der Hessenliga-Partien durch, so vermisst man ihren Namen eher selten. Eine solche Konstanz ist für einen 40-Jährigen eher ungewöhnlich. Sie scheinen keine Lust zu verspüren, die Fußballschuhe an den Nagel zu hängen ?
Außer zuletzt einem Spiel gegen Dietkirchen, das ich krankheitsbedingt verpasst habe, habe ich tatsächlich jede Partie bestritten und auch immer durchgespielt. Das war anfangs gar nicht so geplant, doch wir waren mit der Zusammenstellung unserer Mannschaft im Sommer spät dran, also habe ich zugesagt, konstant in der Abwehrzentrale zu spielen. Bei aller Freude am Fußballspielen: Mein Karriereende naht aber und schon nach der Winterpause will ich die dauerhaften Einsätze etwas zurückschrauben. Der Körper eines 40-Jährigen braucht eben mehr Erholung (lacht).
Andere Regionalliga-Absteiger, beispielsweise Bayern Alzenau in der Vorsaison, taten sich in der Hessenliga schwer. Beim FC Gießen läuft es mittlerweile richtig rund. Ihr Team ist Tabellenführer. Was sind die Gründe?
Ehrlicherweise haben wir im Trainerteam es gar nicht erwartet, dass es so gut läuft. Es sind ja nur noch zwei Spieler aus der letztjährigen Regionalligasaison dabei. In den ersten vier, fünf Spielen hat innerhalb des neu zusammengestellten Teams die Abstimmung noch ein wenig gefehlt, doch mittlerweile harmoniert das Team sehr gut. Es herrscht eine gute Stimmung. Wir haben bei der Kaderzusammenstellung auch darauf geachtet, dass sich einzelne Spieler bereits privat gut kennen beziehungsweise woanders schon mal zusammengespielt haben. Das hat die Integration der Neuzugänge erleichtert.
Sonntag steigt in Walldorf das Spitzenspiel Dritter gegen Erster. Ihr Team hat vier Punkte Vorsprung…
Ich kenne den kleinen Walldorfer Kunstrasenplatz noch aus Hanauer Zeiten und erwarte ein aggressives Spiel auf Augenhöhe, in dem am Ende Kleinigkeiten entscheiden werden.
Wer sind denn die größten Konkurrenten im Kampf um den Aufstieg?
Ich sehe in der Hessenliga keinen richtigen Topfavoriten. Viele hatten in dieser Rolle ja die U21 von Eintracht Frankfurt vermutet, doch durch die Teilnahme an der Youth League sind die jungen Talente einer enormen Belastung ausgesetzt. Die Frankfurter dürfen sich nicht mehr so viele Punktverluste erlauben, wenn sie ganz vorne landen wollen. Zu den Favoriten zählt auch erneut Eintracht Stadtallendorf. Auch Rot-Weiß Walldorf und Hanau 93 habe ich auf dem Zettel. Entscheidend werden gar nicht mal die direkten Duelle sein.
Ich glaube, dass die Mannschaft am Ende vorne stehen wird, die gegen die Gegner aus der hinteren Tabellenhälfte die wenigstens Punkte liegen lässt.
Gießen ist als Sportstadt bekannt. Über das Umfeld beim FC Gießen gibt es dennoch immer wieder Diskussionen. Ist ihr Verein regionalligareif oder von den aktuellen Gegebenheiten in der Hessenliga womöglich besser aufgehoben?
In der Tat gab es in den vergangenen Jahren in Gießen Drumherum zu viele Probleme, die jetzt noch nachwirken. Entsprechende Strukturen zu schaffen, dauert seine Zeit. Dazu unterschätzen viele Vereine den Mehraufwand für Regionalligafußball. Aktuell ist der FC Gießen in der Hessenliga deswegen womöglich besser aufgehoben, wobei sich der Verein gegen einen Wiederaufstieg bestimmt nicht wehren würde.
Besteht noch Kontakt zu Ihrem Ex-Verein Hanau 93?
Auf jeden Fall. Zu Spielern wie Tolga Ünal, Cem Kara, Semih Sentürk oder auch Trainer Kreso Ljubicic besteht reger Kontakt, zu Abteilungsleiter Giovanni Fallacara ebenfalls. Die guten Kontakte nach Hanau werden auch sicherlich nie abreißen.
Wie bewerten Sie die sportliche Lage in Hanau ?
Als sehr positiv. Die Mannschaft ist trotz eines größeren Umbruchs sehr erfolgreich und spielt dazu einen gepflegten Ball. Die 93er wollen auf dem Platz fast alles fußballerisch lösen, da ist kein Gebolze dabei. Mir gefällt das.«
Überrascht Sie das gute Abschneiden der 93er bislang? Schließlich konnte Ihr aktueller Verein vor der Saison mit Wessam Abdel-Ghani und Francesco Calabrese zwei absolute Leistungsträger von der Kastanienallee weglocken…
Bei der Kaderzusammenstellung hat der Verein eben vieles richtig gemacht. Es wurde auf junge und hungrige Spieler gesetzt, die ins Budget passen. So ähnlich war das vor der Saison in Gießen auch. Ich sehe bei beiden Vereine die Parallele, dass jeweils ein guter Mix aus erfahrenen und jungen Spielern vorhanden ist.«
Sie unterstützen Ihren langjährigen Kumpel und Trauzeugen Daniyel Cimen beim FC Gießen als Co-Trainer. Wie schaut es denn mit Ihren eigenen Trainerambitionen aus?
Ich verfolge sie weiterhin, möchte meine Erfahrungen als Spieler gerne als Trainer weitergeben. Wo und in welcher Konstellation, darauf sollte man sich im Fußball nicht vorab festlegen. Zu meinen Plänen passt es auch, demnächst als aktiver Spieler etwas kürzertreten zu wollen. Ich möchte zunächst die A-Lizenz fertigstellen, um dann in zwei, drei Jahren den Fußballlehrer anzugehen.«