Befreiungsschlag
Wetzlar (ra). Befreiungsschlag. Mutmacher. Frustlöser. Egal wie man ihn nennen mag, den ersten Sieg der HSG Wetzlar nach exakt vier (!) Monaten in der Handball-Bundesliga. 30:28 (18:11) beim TVB Stuttgart. Endlich!
Endlich Leistung und Einsatz gezeigt. Endlich gewonnen. Endlich wieder grün-weiße Freudentänze. Dabei fiel der Erfolg dem Spielverlauf entsprechend sogar noch zu gering aus, ein Wetzlarer Sieg mit vier, fünf Treffern Unterschied hätte diesem eher entsprochen.
»Wir haben fast vergessen, wie es sich anfühlt, zu gewinnen«, äußerte sich Wetzlars Erik Schmidt nach der Partie bei Sky. Der Kreisläufer war einer der Garanten des Erfolges in der Stuttgarter Porsche Arena, offensiv wie defensiv. »Das war der erste Schritt«, ließ sich der Routinier nicht zum Überschwang der Gefühle verleiten und fokussierte sich schon auf die bevorstehende Aufgabe kommenden Samstag im Abstiegskampf-Thriller gegen GWD Minden: »Das einzige, was gegen Minden zählt, sind zwei Punkte. Egal wie!«
Alles, was in den vergangenen Wochen und Monaten in Anbetracht der beängstigenden Niederlagenserie zu kritisieren gewesen war, drehten die Lenny Rubin und Co. am, gestrigen Sonntag ins Gegenteil. Acht Zeitstrafen überstanden, zwölf technische Fehler ohne Folgen, drei vergebene freie Wurfchancen ohne Konsequenzen, den kurzfristigen Ausfall von Torhüter Till Klimpke weggesteckt. Leistung und Wille in den 60 Minuten waren stärker.
Klimpke-Vertreter Anadin Suljakovic wartete mit einem Parade-Dutzend auf. Spielmacher Magnus Fredriksen erinnerte sich endlich wieder daran, zuweilen über Karajan-Fähigkeiten zu verfügen. Filip Kuzmanovski und Nikita Pliuto setzten sowohl Körpergröße und -gewicht wie vorgegeben gezielt und wuchtig ein. Stefan Cavor und Lenny Rubin mit Mut und Entschlossenheit. Emil Mellegard und Domen Novak bei weitem nicht mehr so flügellahm wie in den Wochen zuvor.
Überdies hatte Trainer Hvroje Horvat einen Plan, der - abgesehen von der doch noch einmal mulmigen Endphase - komplett aufging. Eine stabile, sich aus dem Effeff kennende Rückraumreihe Rubin-Fredriksen-Cavor. Weniger Unruhe stiftende Wechsel, allenfalls gezielte Pausen für die Leistungsträger. Was andererseits dazu führte, dass die Einsatzzeiten der zuletzt stark verunsicherten bzw. überdrehenden Adam Nyfjäll, Jonas Schelker und Hendrik Wagner gen Null tendierten.
Besonders markant in den 60 Minuten war, dass die Grün-Weißen exakt in jenen Momenten zur Stelle waren, in denen das Verhängnis in den Vorwochen jeweils gegenteilig seinen Lauf genommen hatte.
»Am Ende hat man uns angemerkt, dass wir doch etwas Angst vor dem Gewinnen hatten«, erklärte Erik Schmidt hernach auf Sky die schlotternde Endphase, in der die Gastgeber nach dem HSG-30:23 (57. !!!) mit offener Manndeckung und siebtem Feldspieler doch noch auf 28:30 verkürzten.