Eintracht zufrieden: Ein „guter Punkt“ gegen Leipzig
Das nächste Remis für die Eintracht. Doch diesmal konnte Trainer Adi Hütter mit dem einen Punkt zufrieden sein. Dank der richtigen Taktik und dem richtigen Personal.
Von Peppi Schmitt
Die Spieler von Eintracht Frankfurt nach dem 1:0 gegen RB Leipzig durch Aymen Barkok.
(Foto: dpa)
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FRANKFURT - Ein Punkt ist ein Punkt. Sollte man denken. Doch es gibt gute Punkte und schlechte Punkte, es gibt ärgerliche Unentschieden und erfreuliche. Die Frankfurter Eintracht hat im achten Saisonspiel zum fünften Mal remis gespielt, diesmal 1:1 gegen Leipzig. Und so groß der Ärger nach verlorenen Punkten gegen Bielefeld, Köln, Bremen und Stuttgart war, so groß war diesmal die Freude nach dem gewonnenen Punkt gegen die Champions-League-Kicker aus Leipzig. Da war sich die Prominenz, die sich ein paar Minuten nach dem Abpfiff des Spiels nicht wie sonst im VIP-Raum sondern ganz profan unten in der Tiefgarage getroffen hatte, einig mit dem Trainer.
„Ich kann mit dem Unentschieden gut leben, das geht gegen einen so starken Gegner in Ordnung“, sagte Adi Hütter. Präsident Peter Fischer, Vorstand Axel Hellmann und die Ex-Spieler Jermaine Jones, Alexander Meier und Gelson Fernandes stimmten ohne Einschränkung zu. „Ich fahre zufrieden nach Hause“, sagte Hellmann. „Ich freue mich“, sagte Fischer. „Die Jungs haben das gut gemacht“, sagt der ehemalige Torjäger Meier. Jones sprach von einer „starken kämpferischen Leistung“ und Fernandes war noch ganz Spieler in seiner Analyse. „Wir haben diszipliniert verteidigt und uns den Punkt verdient“, sagte der Schweizer. Das fünfte Unentschieden im achten Spiel hatte die Eintracht zwar nicht in der Tabelle, aber in einigen anderen Bereichen nach vorne gebracht.
"Taktisch sehr clever gespielt"
Und es hatte den Trainer gestärkt, der nach den letzten Unentschieden ein wenig unter Druck gekommen war. Jetzt durfte sich Hütter mal ein wenig selbst loben. „Wir haben heute taktisch sehr clever gespielt und die Räume eng gemacht“, sagte er, „Kompliment an die Mannschaft, die gelaufen ist und gekämpft hat.“ Drei Kilometer mehr als ihre Gegner sind die Frankfurter gerannt, was die Leipziger spielerisch voraus hatten machten sie läuferisch wett. Was gegen Leipzig, die genau darum noch nie in Frankfurt gewonnen haben, bislang immer auch durch das leidenschaftliche Publikum funktioniert hatte, klappte diesmal auch in der leeren Arena. Trotzdem war Stefan Ilsanker überzeugt, „dass wir mit unseren Fans gewonnen hätten.“
Durm zurück
Sein Comeback war wirklich eine Überraschung. Erik Durm hatte es in dieser Saison nicht einziges Mal auch nur in den Kader geschafft. Zum letzten Mal gespielt hatte er am 23. Mai in München für eine Viertelstunde. Und sein letzter Einsatz über 90 Minuten ist fast auf den Tag genau (23. November 2019 gegen Wolfsburg) ein Jahr her. Jetzt also von Null auf Hundert. Am Samstagmorgen, am Rande eines kurzen Aufwärmtrainings, hatte Eintracht-Trainer Adi Hütter Durm zur Seite genommen und ihm informiert über die Aufstellung. „Erik hatte sich den Einsatz mit guten Trainingsleistungen verdient“, begründete der Trainer die überraschende Aufstellung. Durm war einfach nur glücklich. „Heute habe ich die Chance bekommen, es war ein sehr, sehr schönes Gefühl, mit den Jungs auf dem Platz zu stehen“, sagte er, „ich habe einfach versucht, im Training immer Gas zu geben und alles rauszuhauen, so wie das jeder bei uns macht.“
In Anbetracht der langen Pause hatte Durm seine Sache gut gemacht. Mit einer Ausnahme: Vor dem Ausgleich ließ er Angelino zu leicht flanken. „Mit meiner Leistung bin ich eigentlich zufrieden – bis auf die Situation vor dem Gegentor“, sagte er, „das war für mich nicht ganz einfach, weil ich mir nicht sicher war, ob ich rausverteidigen sollte. Das war nicht optimal verteidigt.“ Die Kollegen haben sich gefreut. „Er hat lange nicht gespielt, war von vielen schon abgeschrieben war und hat es super gemacht hat“, sagte Torwart Kevin Trapp.
Aber auch so war die Eintracht auf dem richtigen Weg. Genau wie ihr Trainer. Hütter hatte mutig umgestellt und aufgestellt. Zum ersten Mal ließ er mit Viererkette abwehren, zum ersten Mal seit er in Frankfurt ist, wechselte er freiwillig vom letzten zu diesem Spiel fünf Mann aus, also die halbe Mannschaft. Die Maßnahmen griffen. Die Eintracht wirkte vor allem in der Defensive stabil. „Was ein bisschen gefehlt hat, war das Spiel nach vorne, da haben wir nicht so brilliert“, schränkte Hütter selbst ein. Dennoch hatten die Frankfurter genauso viele Torgelegenheiten wie der Gegner. Und darum hatten sie sich den einen Punkt auch verdient.
Den Mut, Erik Durm zum ersten Mal seit fast einem halben Jahr aufzustellen (siehe nebenstehende Geschichte), Stefan Ilsanker trotz zuletzt schwacher Leistungen und starker Beanspruchung in drei Länderspielen drin zu lassen, oder auch den zuletzt starken Bas Dost draußen zu lassen, wurde belohnt. Natürlich auch begünstigt vom Gegner, der sich kurz vor der Pause einen folgenschweren Aussetzer leistete, als nach einem weit geschlagenen Freistoß von Evan Ndicka Aymen Barkok schneller reagierte als drei Leipziger Abwehrspieler und die Führung erzielte. Das hatte bei den Leipzigern weitere Zweifel genährt und bei der Eintracht die eigene Überzeugung gestärkt. Und so blieb es bis zum Ende bei einem Spiel auf Augenhöhe, auch nach dem verdienten 1:1 durch Yussuf Poulsen.
Ilsanker mit guter Steigerung
Vieles hatte bei der Eintracht funktioniert. Die größte Steigerung hatte Ilsanker gegen die alten Kollegen gezeigt. „Wir hatten sie am Rande einer Niederlage, deswegen war das ein recht erfolgreicher Tag“, sagte der ehemalige Leipziger, „wir spielen oft gegen bessere Gegner besseren Fußball.“ Dazu hatte der österreichische Nationalspieler seinen Teil beigetragen. Dafür gab‘s ein Sonderlob vom Trainer. „Es freut mich, dass Stefan gegen seinen Ex-Verein so gut in Schuss ist“, sagte Hütter, „er hat gekämpft und war verbal da.“ Sollte heißen: Der Mitläufer Ilsanker war diesmal Anführer. Wichtig war fürs Frankfurter Spiel aber auch, dass es immer mal wieder Entlastung gab. Filip Kostic brachte, wenn auch nicht in Topform, den Gegner ab und an zum Schwitzen, Barkok wird immer wertvoller, weil er sich viel zutraut. Und André Silva blieb bis zur letzten Sekunde vor seiner Auswechslung gefährlich, hätte kurz vor dem Ende sogar den Siegtreffer erzielen können.
Alles aber hat nicht funktioniert. Was daran lag, dass einzelne Spieler einfach nicht über ihren Schatten springen können. Bei Daichi Kamada nährt sich der Verdacht, dass ihm Grenzen gesetzt sind. Seine Entwicklung stagniert aktuell. Seine Leistung war so enttäuschend, dass er zu Recht ausgewechselt werden musste. Und Djibril Sow konnte einmal mehr trotz großen Einsatzes seine Aufstellung nicht rechtfertigen. So wenig motiviert der Japaner wirkte, so wenig überzeugt von sich selbst spielte der Schweizer. Was aber bei einer geschlossenen Mannschaftsleistung nicht wirklich ins Gewicht gefallen ist.