Gießen 46ers starten heute gegen BG Göttingen den Versuch, ihre kleine Erfolgsserie auszubauen.
Von vsch
Ihr Herz in beide Hände nehmen wollen Trainer Rolf Scholz (l.), Alen Pjanic und die Gießen 46ers auch gegen Göttingen. Foto: Schepp
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GIESSEN - Rolf Scholz hatte es sich am Silvesterabend auf dem heimischen Sofa gemütlich gemacht. In Gedanken war der Coach der Gießen 46ers sicher noch beim Krimi der Basketball-Bundesliga vom Tag zuvor gegen Frankfurt und natürlich auch schon beim Heimspiel heute (18 Uhr) gegen die BG Göttingen. Die leichte Entspannung des 40-Jährigen nach dem so wichtigen 75:74 im brisanten Derby gegen die Skyliners und dem damit verbundenen zweiten Saisonerfolg des Tabellenvorletzten mündete in tiefe innere Ruhe. "Ich bin um viertel nach neun eingeschlafen und erst am Morgen wieder aufgewacht", sagte Scholz zum persönlich verpassten Rutsch ins neue Jahr.
Umso wacher wirkte er am Freitagnachmittag kurz vor der ersten Übungseinheit 2021, der Fokus richtet sich nun auf die "Veilchen" aus Göttingen. "Eine Mannschaft mit viel Talent", weiß Scholz. "Mit Tai Odiase ein echter Brecher am Brett", ergänzt der Interimstrainer der 46ers. "Und mit der neuesten Nachverpflichtung auch auf den kleineren Positionen deutlich stärker", hält der Familienvater viel von Deishuan Boker.
Der Aufbauspieler, der nach dem Wechsel vom polnischen Erstligisten Anwil Wloclawek seinen 24. Geburtstag am Dienstag bereits an der Leine feierte, ist der vorerste letzte Zugang der Niedersachsen, die nach einem sehr soliden Start und zwei Siegen gegen Braunschweig und Chemnitz zuletzt sechs Mal in Folge den Kürzeren zogen. Was wohl vor allem am Verletzungspech im Team von Trainer Roel Moers lag. Luke Nelson (Muskelriss), Mathis Mönninghoff (doppelter Bänderriss) und Jorge Gutierrez fielen aus, dafür wurden Power Forward Harper Kamp und Booker von außen dazu geholt. Gutierrez, im Saisonvorschauheft der "BIG" als Schlüsselspieler im Ensemble seines niederländischen Coaches bezeichnet, ist inzwischen zwar zurück auf dem Parkett. Auf den Turnaround wartet die BG (im BBL-Pokal übrigens Verlängerungs-Gewinner gegen Gießen) aber schon länger.
Wende eingeleitet
Diese Wende zum Besseren scheinen die 46ers derweil zumindest eingeleitet zu haben. Erst das Offensiv-Feuerwerk in Bayreuth, dann die Abwehrschlacht gegen Frankfurt - Kapitän Brandon Thomas und seine Kollegen können sich aktuell auf ihre Qualitäten an beiden Enden des Courts verlassen. "Unbeschreiblich" nannte Bjarne Kraushaar am späten Mittwochabend beim Interview das Gefühl nach dem Derbysieg. "Da habe ich jetzt so lange drauf gewartet. Letzte Saison zwei Mal verloren, in dieser Runde bereits in der Vorbereitung und im Pokal verloren. Es wurde Zeit, dass wir Frankfurt bezwingen. Ich bin stolz auf uns, das war eine echte Mannschaftsleistung", sprudelte es aus dem jungen Spielmacher nur so hinaus.
Auf diesen Teamspirit müssen die Gießener auch gegen Göttingen setzen. Sowohl auf dem Feld, wo Jonathan Stark immer mehr in die Rolle des Taktgebers schlüpft, Isaac Hamilton und Brandon Bowman ihre Variabilität ausspielen, Johannes Richter und Scottie James trotz fehlender Zentimeter an Körpergröße ihre Ellenbogen ausfahren und fighten, die Arrivierten Thomas, Kraushaar und Alen Pjanic das 46ers-Kämpfer-Gen weitervermitteln und auch Liam O'Reilly gemerkt zu haben scheint, auf was es in der Bundesliga für die Lahnstädter ankommt. "Emotion, die habe ich zu jeder Sekunde auf von der Bank hinter mir gespürt", sagt Rolf Scholz. Ob eben O'Reilly, Ferdinand Zylka oder die von der ProB wieder nach oben aufgerückten Tim Uhlemann und Tim Köpple - sie alle machten die Bank gegen die Skyliners zu einer Art "Südtribüne in Miniformat".
Genau so müssen die 46ers weitermachen. "Die Jungs wissen, dass Siege in der ersten Liga keine Selbstverständlichkeit sind, sondern hart erarbeitet werden müssen. Wir stehen nicht kurz vor den Playoffs, sondern im Abstiegskampf. Das ist uns bewusst", drückt Rolf Scholz auf die Euphoriebremse. Lässt aber nicht unerwähnt, "dass wir unsere kleine Serie gegen de Tabellennachbarn natürlich liebend gerne ausbauen wollen."
Stresstest
"Es ist trotz der Terminhatz gut für uns, dass die Spiele so schnell aufeinanderfolgen", glaubt 46ers-Sportdirektor Michael Koch, der dem Interimscoach natürlich weiter das Vertrauen schenkt und ihm Zeit lässt. Ausgeschlafen und fokussiert wirkte Rolf Scholz auch am Neujahrstag. "Es ist alles aufregend. Deshalb habe ich nicht das Gefühl, dass ich etwas verpasst habe", beschreibt er lächelnd seinen sehr entspannten Rutsch ins neue Jahr.