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Geplantes Verbot für außerehelichen Sex auf Bali: Das müssen Touristen jetzt wissen

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Von: Katharina Loesche

Bali gilt als Traumreiseziel für viele Paare: Das außereheliche Beischlafverbot in Indonesien sorgte daher für Entsetzen.
Bali gilt als Traumreiseziel für viele Paare: Das außereheliche Beischlafverbot in Indonesien sorgte daher für Entsetzen. © Alessandro Biascioli/PantherMedia

Ein neues Gesetz verbietet künftig außerehelichen Verkehr auf Bali. Verwandte sollen die „verbotenen“ Aktivitäten anzeigen. Das heißt nichts Gutes für den Tourismus.

Brisbane – Der Ballermann der Australier ist bedroht. „Lassen Sie Ihre Badesachen im Schrank, stornieren Sie Ihre Flüge, der Spaß ist vorbei.“ So lautet der Tenor der Schlagzeilen in den australischen Medien nach der Überarbeitung eines Gesetzes zu außerehelichem Geschlechtsverkehr in Indonesien, das einvernehmlicher Geschlechtsverkehr zwischen Unverheirateten mit einer bis zu zwölfmonatigen Gefängnisstrafe bestraft.

Anzeige erstatten, soll künftig die eigene Familie. Verwandte als Betten-Polizei? Für den Tourismus auf Bali dürfte das nichts Gutes heißen, gilt die indonesische Insel doch für viele als Sehnsuchtsort.

Dabei hatte es im November so gut angefangen: Indonesien präsentierte sich als Gastgeber des G20-Gipfels auf Bali als moderner, toleranter und fortschrittlicher Staat. Der Beifall für das Land ist nur wenige Wochen später in Häme umgeschlagen: Eindeutig zweideutige Witze über die Lieblingsinsel der Australier machen die Runde, es gibt kaum eine Zeitung, einen Radio- oder Fernsehsender, der das Thema nicht aufgreift.

Bali: Indonesiens Gesetzesänderung noch nicht in Kraft

Doch die Gesetzesänderung wurde zugunsten sensationslüsterner Schlagzeilen oft nur unvollständig wiedergegeben. Zum einen tritt die Klausel erst – wenn überhaupt – in drei Jahren in Kraft. Zum anderen gibt es bis dahin zweifellos Einsprüche der Opposition, der in- und ausländischen Fremdenverkehrsverbände sowie von Wirtschaftsgruppen, die das Inkrafttreten weiter hinauszögern oder gar verhindern könnten.

Auch hat die Regierung in Jakarta bereits klargestellt, dass mit der Änderung die diesbezüglichen Bestimmungen im Strafgesetz nun dahingehen eingeschränkt sind, dass einvernehmlicher Geschlechtsverkehr zwischen Unverheirateten nur dann strafrechtlich verfolgt werden kann, wenn ein Elternteil, ein Ehepartner oder ein Kind Anzeige erstattet. Es gab also in Indonesien schon immer ein gesetzlich verankertes Verbot außerehelichen Verkehrs. Jetzt ist der Personenkreis derer, die es zur Anzeige bringen können, neu definiert und begrenzt worden.

Falsche Anschuldigungen werden mit einer Strafe von bis zu zehn Millionen Rupiah (rund 600 Euro) belegt, was in etwa zwei durchschnittlichen Monatsgehältern in Indonesien entspricht. „All das verringert das Risiko, dass Touristen angeklagt werden“, sagt Dr. Ken Satiawan, Expertin für indonesisches Recht am Asien-Institut der Universität Melbourne, der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA.

Trauminsel Bali: Urlaubsziel für jährlich sechs Millionen Reisende

Bali ist das Tourismuszentrum Indonesiens. Bis 2025 soll die Anzahl der Reisenden wieder auf das Niveau vor der Pandemie zurückkehren. Sechs Millionen Reisende sollen dann wieder jährlich auf der Insel „traumurlauben“. Die weltweit negativen Schlagzeilen versetzen da natürlich dem wichtigen Wirtschaftsfaktor des Landes einen Schlag. Das neue Gesetz sei völlig „kontraproduktiv“ in einer Phase, in der sich der Tourismus langsam von der Pandemie erhole, erklärte das indonesische Fremdenverkehrsamt.

Der US-Botschafter in Jakarta, Sung Kim, geht von einem „negativen Einfluss auf das Investitionsklima” aus. Tourismusunternehmen sind Berichten zufolge von den Schlagzeilen aus Übersee „entsetzt“. Scott Slattery, vom australischen Reiseunternehmen My World Concierge, sieht die Aufregung allerdings gelassen. „Falls das Gesetz in drei Jahren überhaupt in Kraft tritt, glaube ich, dass sowohl die indonesische Regierung als auch die Fremdenverkehrsämter und australische Reiseveranstalter eine große Werbekampagne starten werden, um darauf hinzuweisen, dass die Regelung nicht gegen Touristen durchgesetzt wird.“

Die Regierung habe bereits klargestellt, dass der Familienstand von Touristen bei der Ankunft nicht überprüft werde. Auch Hotels und Ferienunterkünfte sind dazu weder verpflichtet – noch haben sie ein Interesse daran. Dennoch schlagen Menschenrechtsorganisationen Alarm: Selbst wenn das Gesetz nicht wirksam überwacht werden könne, öffne es doch Erpressung, Bestechung und Korruption Tür und Tor.

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Indonesien: Änderungen treffen vor allem Minderheiten

Dr. Satiawan ist mehr besorgt, dass die jüngsten Änderungen insbesondere die LGBTQ-Gemeinschaft treffe. In Indonesien gilt die Ehe nur zwischen Mann und Frau, die Homo-Ehe ist illegal. „Neben den Vorschriften über Sex außerhalb der Ehe ist auch das Zusammenleben verboten, sodass auch schwule Paare, die in Indonesien zusammen wohnen, verhaftet werden können“, sagt sie. Im Insel- und Stadtstaat Singapur kam es hingegen im September zu einem historischen Durchbruch: Ein Gesetz aus der Kolonialzeit, das schwulen Sex unter Strafe stellte, wurde aufgehoben.

Obwohl die neue Klausel medial die meiste Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist dies nur eine von etwa 600 Änderungen des indonesischen Strafrechts – das bislang ein bunter Mischmasch ist aus altem niederländischem Recht, Gewohnheitsrecht und Verordnungen, die seit der Ausrufung der Republik 1945 verabschiedet wurden. So soll beispielsweise in dem Land, das oftmals als „fromme Demokratie“ bezeichnet wird, die Religionsfreiheit eingeschränkt werden. Alle Bürger müssen einer der fünf anerkannten Religionen angehören.

Nach dem Vorbild der thailändischen Regelungen zur Majestätsbeleidigung wollen die indonesischen Gesetzgeber auch die Beleidigung des Präsidenten und Minister unter Strafe stellen. „Sie sind sehr weit gefasst und vage formuliert“, sagt Dr. Satiawan. Das sei die eigentliche Gefahr dieser Gesetze. „Deshalb können sie auf jeden angewendet werden – auch auf Ausländer.“ Noch ist unklar, ob der zur Bescheidenheit neigende Präsident Joko Windodo den Vorschlag zur Beschränkung der Meinungsfreiheit ratifiziert. In der Zwischenzeit können Reisende also beruhigt nach Bali fliegen, die weiten Strände, das Meer, die Kultur, die freundlichen Menschen und das günstige Essen genießen.

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