Drücken Landräte bei der Finanzaufsicht über die Kommunen manchmal ein Auge zu, weil sie um ihre Wiederwahl fürchten? Dem will die Landesregierung einen Riegel vorschieben.
Von Christian Stang
Reporter Politikredaktion Wiesbaden
Innenminister Peter Beuth (CDU) will die kommunale Finanzaufsicht umfassend umbauen.
(Foto: dpa)
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WIESBADEN - „Wir streben an, die Finanzaufsicht auch für die übrigen kreisangehörigen Kommunen bei den Regierungspräsidien zu konzentrieren, um zu einer stärkeren Vereinheitlichung, größerer Effizienz und mehr Objektivität zu kommen.“ Im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen muss man sich bis zur Seite 137 vorkämpfen, um auf dieses Vorhaben der hessischen Landesregierung zu stoßen. Umgesetzt ist es bisher nicht. Das hat die FDP veranlasst, einmal nachzufragen. Tenor der Antwort von Innenminister Peter Beuth (CDU): Die Angelegenheit wird geprüft.
Derzeit ist die Finanzaufsicht dreistufig aufgebaut. Die Landratsämter sind für ihre kreisangehörigen Kommunen mit bis zu 50 000 Einwohnern zuständig. Die Regierungspräsidenten sind direkt für die 21 Landkreise und die Städte mit mehr als 50 000 Einwohnern (das sind die sieben sogenannten Sonderstatusstädte Bad Homburg, Fulda, Gießen, Hanau, Marburg, Rüsselsheim und Wetzlar)) sowie für die kreisfreien Städte Kassel, Darmstadt und Offenbach zuständig. Das Innenministerium ist Aufsichtsbehörde für die Städte Frankfurt und Wiesbaden sowie oberste Aufsicht für alle übrigen Kommunen.
Diese etwas unübersichtliche Systematik soll vereinfacht werden, indem die Regierungspräsidien die Finanzaufsicht auch für alle 411 kreisangehörigen Kommunen im Land übernehmen. Ein erster Schritt in diese Richtung wurde bereits in der vorigen Wahlperiode gegangen. Im entsprechenden Gesetz wurde geregelt, dass die Landräte die Aufsicht über die 80 Schutzschirmkommunen (aktuell sind noch 71 Kommunen im Entschuldungsprogramm des Landes verblieben) an die Regierungspräsidien abgeben.
Mit der Bündelung soll auch Personal eingespart werden
Diese Aufgabenverlagerung nach oben habe zur Konsolidierung der Haushalte der Schutzschirmkommunen beigetragen, schreibt Beuth in seiner Antwort an den FDP-Parlamentarier Jörg-Uwe Hahn. Nun sollten die übrigen kreisangehörigen Kommunen folgen und die Finanzaufsicht damit insgesamt gestärkt werden. Laut Koalitionsvertrag soll außerdem die Pflicht der Kommunen zur Aufstellung eines doppischen Gesamtabschlusses (vergleichbar der Bilanz eines Unternehmens) aufgehoben werden. Die Prüfung, wie und in welchem Zeitraum die Neuordnung der Finanzaufsicht erfolgen könne, sei noch nicht abgeschlossen.
Von der Bündelung der Aufgaben verspricht sich das Innenministerium die Einsparung von Personal, die allerdings nicht konkret beziffert wird. Bei den 21 Landkreisen seien für die Finanzaufsicht durchschnittlich jeweils 1,5 Mitarbeiter beschäftigt. Auch wenn bei den drei Regierungspräsidien (Darmstadt, Gießen und Kassel) mit Übernahme der Finanzaufsicht zwangsläufig mehr Personal gebraucht würde, ergäben sich im Vergleich zur derzeit zersplitterten Organisation Synergieeffekte und eine effektivere Erledigung der Aufgaben mit weniger Personal, heißt es in der Antwort Beuths.
Zudem würde eine Verlagerung der Aufgaben „der etwaigen Gefahr von Abhängigkeiten und Interessenkollisionen bei der Aufgabenwahrnehmung begegnen“. Dieser Gefahr könne ein Landrat, der „von möglichst vielen Bürgern der seiner Aufsicht unterstehenden Gemeinden in der Direktwahl wiedergewählt werden will, deutlich stärker ausgesetzt sein als ein Regierungspräsident“, schreibt Beuth. Die Regierungspräsidenten werden von der Landesregierung berufen.