DARMSTADT/MAINZ/FRANKFURT - Mithalten und sichtbar werden. Diese Worte fallen ziemlich oft, wenn die Präsidenten der strategischen Allianz Rhein-Main-Universitäten (RMU) über die Kooperation sprechen. Das Rhein-Main-Gebiet als Wissenschafts- und Forschungslandschaft etablieren – das ist laut TU-Präsident Hans Jürgen Prömel eines der Ziele. „Die Region soll ein Anziehungspunkt werden. Jede der drei Unis hat das Potenzial, international sichtbar zu werden, doch die jeweilige Forschungsleistung ist dafür zu klein. Als Verbund werden wir da eher wahrgenommen.“
Bessere Chancen auf Drittmittel als andere?
Doch noch stehen die Rhein-Main-Universitäten ganz am Beginn ihrer trilateralen Kooperation – auch im Bezug auf die Vergabe von Drittmitteln. An sieben Voranträgen in der Exzellenzinitiative sei die Johannes Gutenberg-Universität beteiligt, drei davon gemeinsam mit der Goethe-Universität Frankfurt, sagt Präsident Prof. Dr. Georg Krausch. Die Entscheidung für die Vollanträge falle Ende September. Doch haben Kooperationen wie die RMU bessere Chancen als andere Bewerber?
Ob der Verbund wirklich einen Vorteil bietet, das sieht die Hochschulrektorenkonferenz in Berlin kritisch. Die Wettbewerbsfähigkeit bei der Vergabe von Fördermitteln oder Wissenschaftler und Studierende könne zwar verbessert, das Profil in ausgewählten Bereichen gestärkt werden. „Bei der Bewerbung um Drittmittel sind Verbundanträge aber keineswegs ein ‚Selbstläufer‘. Vielmehr kommt es darauf an, dass Kooperationen nicht an kurzfristigen Zielen orientiert, sondern auf einer fundierten Strategie aufsetzen, die in den Strukturen der Partner verankert ist“, sagt Pressesprecher Ralf Kellerhohn.
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Kooperationen in Forschung und Lehre
In mehr als 70 Projekten und Verbünden konnten die drei Universitäten bereits Erfahrungen sammeln.
Die Kooperation „Afrikaforschung Rhein-Main“ wurde im Mai 2016 beschlossen. Hier treffen Experten aus Fachbereichen wie Ägyptologie oder Wirtschaftswissenschaften aufeinander.
Mainz und Darmstadt arbeiten zum Beispiel im Forschungsprojekt „Digitales Familiennamenwörterbuch Deutschlands“ zusammen. In diesem sollen rund 200 000 Namen erfasst werden.
Zu einem Vorteil bei der Vergabe der Drittmittel wollte sich die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG), die über die Anträge entscheidet, nicht äußern. Und auch aus dem Wissenschaftsrat gab es dazu keinen Kommentar, da über die Anträge derzeit entschieden werde. Eine hochschulübergreifende Zusammenarbeit empfehle er dennoch. Es gebe eine Menge Potenzial für regionale Kooperationen und ganz unterschiedliche Modelle, sagt ein Sprecher. „Wichtig ist, die Zielsetzungen zu beachten. Es hat auch sehr viel mit Vertrauen und Verbindlichkeit zu tun.“ Für die beteiligten Universitäten und die Region könne dies von großem Nutzen sein – auch außerhalb der Forschung. „Der Austausch kann über eine solche Zusammenarbeit gut funktionieren. Und auch für die Sichtbarkeit der Hochschulen ist eine Kooperation hilfreich.“
Die Sichtbarkeit spielt nicht nur in der Forschung eine Rolle, sondern auch in der Gunst um neue Studenten. Derzeit sind insgesamt rund 105 000 Menschen an den drei Universitäten eingeschrieben. In Frankfurt und Darmstadt steigen die Zahlen, in Mainz fallen sie leicht. Ein attraktiveres Studienangebot, wie es die drei Universitäten mit der Kooperation anstreben, könnte da einen Schub geben.
Gemeinsame Lehrveranstaltungen, gemeinsame Module, vielleicht sogar gemeinsame Studiengänge – Träume und Ideen gibt es einige. Davon profitieren vor allem kleine Studiengänge. „Die drei Unis können sich bei Stellenbesetzungen inhaltlich abstimmen und so den Studierenden im Verbund ein breites Lehrprogramm bieten“, so Krausch. TU-Präsident Prömel könnte sich zum Beispiel auch einen gemeinsamen Medizintechnik-Studiengang vorstellen. „Mainz und Frankfurt haben beide einen starken Medizinbereich, Darmstadt eine starke Ingenieurswissenschaft. Da könnte man Brücken schlagen.“ Und auch für die Mainzer Buchwissenschaft gibt es die Idee einer Kooperation mit der Frankfurter Universität.
Vorlesungen auf Videoscreens?
Für die Studenten könnte das zusätzliches Pendeln bedeuten. Die einzelnen Universitäten sind jeweils etwa 35 Kilometer voneinander entfernt, durch den öffentlichen Nahverkehr sind die drei Städte gut miteinander vernetzt. Fahrtzeiten von 45 bis 90 Minuten müssten die Studenten allerdings in Kauf nehmen. Uni-Präsident Georg Krausch sieht das allerdings nicht so tragisch und meint: „Es können aber auch nicht nur die Studierenden, sondern auch Dozenten zwischen Mainz, Frankfurt und Darmstadt pendeln. Oder aber Vorlesungen werden auf Videoscreens übertragen. Moderne Technik bietet da heute vielzählige Möglichkeiten.“