Urnengräber sind aktuell sehr gefragt. Dem trägt das Ortenberger Parlament nun Rechnung, indem sie weitere Gräber dieser Art genehmigt, auch ein neues Konzept am Schlossberg.
ORTENBERG - (ten). Gleich zwei Anträge in der Sitzung der Ortenberger Stadtverordnetenversammlung am Dienstag betrafen das Thema Friedhöfe. Beide Anträge, die einstimmig beschlossen wurden, weisen auf einen Wandel in der Bestattungskultur hin. Mit neuen Urnenstelen reagiert die Stadt auf eine wachsende Nachfrage nach dieser Bestattungsform, die wenig Pflegeaufwand verursacht. Die Familie von Stolberg-Roßla will dem gleichen Bedürfnis der Angehörigen durch Bestattungen unter Bäumen in einer parkähnlichen Anlage Rechnung tragen.
Wie in vielen anderen Kommunen hat auch in Ortenberg der Anteil an Urnenbestattungen gegenüber dem konventionellen Erdgrab mit Sarg deutlich zugenommen. Wählten 2013 noch rund 31 Prozent der Angehörigen ein Erdgrab, so waren es in der ersten Hälfte dieses Jahres nur noch rund zwölf Prozent, die diese traditionelle Bestattungsform bevorzugten. Parallel dazu stieg die Nachfrage nach Urnenbestattungen.
Seit die Stadt erstmals in Bleichenbach auch die Beisetzung der Urnen in einer regalartigen Wand mit Fächern anbietet, entscheiden sich viele Angehörige auch für diese Bestattungsform. 2016 erreichte der Anteil der Beisetzungen in einem Fach der Urnenwand mit 21 der insgesamt 86 Urnenbestattungen den bisher höchsten Anteil. In diesem Jahr liegt er bei 20 Prozent.
Weil von den zwölf Kammern, um die die Urnenwand auf dem Friedhof Ortenberg vergangenes Jahr erweitert wurde, inzwischen schon wieder sieben belegt sind und erste Kammern für eine Neubelegung erst 2032 frei werden, haben die Stadtverordneten eine neue Anlage beschlossen. In dieser können in einem ersten Bauabschnitt 20 Urnen und später insgesamt bis zu 60 Urnen beigesetzt werden.
Eine Erklärung für diese Entwicklung sind die Kosten. So müssen für ein Einzelerdgrab bei der Stadt Ortenberg 1400 Euro bezahlt werden. Mit 840 Euro kostet ein Urneneinzelgrab fast die Hälfte. Dagegen erscheint der Preis für ein Fach in der Urnenwand mit 1600 Euro relativ teuer. Doch diese Kosten relativieren sich für die Angehörigen, weil sie weder einen Grabstein noch eine Einfassung bezahlen müssen. Außerdem haben sie nach der Beisetzung in der Urnenwand keinen Pflegeaufwand mehr.
Der Wunsch vieler, die teils durch die berufliche oder familiäre Entwicklung weit von ihren Angehörigen entfernt wohnen, sich nicht um die Pflege eines Grabes kümmern zu müssen, führte dazu, dass vor allem unter den Markennamen „Friedwald“ und „Ruheforst“ in vielen Kommunen Bestattungen im Wald angeboten wurden. Die Familie Stolberg-Roßla möchte ein daran angelehntes Konzept in einem parkähnlich angelegten Waldstück in direkter Nachbarschaft zum Friedhof umsetzen.
„Alles, was ich früher bei Friedwäldern kritisiert habe, dass das Grab weit weg ist und man es nicht besuchen kann, trifft hier nicht zu“, erklärt Bürgermeisterin Ulrike Pfeiffer-Pantring, warum sie das Konzept unterstützt. Alexander zu Stolberg-Roßla betont, dass der geplante Bestattungswald keine Konkurrenz zu den bestehenden Friedhöfen, sondern eine Erweiterung des Ortenberger Friedhofs und eine Ergänzung zu den bisher möglichen Bestattungsformen sein solle.
Auch durch diese Anbindung an den vorhandenen Friedhof mit einem Weg unterscheidet sich das Konzept von anderen Möglichkeiten der Bestattung in Wäldern. In dem Konzept wird erläutert, dass der Friedhof und der Bestattungswald, die in Trägerschaft der Stadt betrieben werden sollen, durch einen Weg verbunden sein sollen. Damit könne auch die Trauerhalle auf dem Friedhof mitgenutzt werden.
Stolberg-Roßla beschreibt, dass auf dem vorgesehenen Gelände aktuell ein absterbender Fichtenbestand stehe. Nach dessen Rodung solle durch Neupflanzungen eine parkähnliche Anlage entstehen. Schilder im Abstand von 25 Metern sollen den Bereich des Bestattungswaldes begrenzen. Die Jagd sei in diesem Bereich selbstverständlich untersagt. Die Bestattungen sollen an ausgewählten Bäumen oder prägnanten Landschaftselementen wie Findlingen oder Wurzelstöcken erfolgen. Pfeiffer-Pantring sieht in der Umsetzung des Konzepts auch den Vorteil, dass der Schlossberg damit wieder für die Öffentlichkeit zugänglich werde.