Der Gießener Zoll ermittelte im vergangenen Jahr 752 Mal gegen Baufirmen. Die IG BAU macht deutlich: Es dürfen keine Aufträge an schwarze Schafe im Wetteraukreis gehen.
WETTERAUKREIS - Schwarzarbeit im Visier: Das Hauptzollamt Gießen, das auch für den Wetteraukreis zuständig ist, kontrollierte im vergangenen Jahr 381 Bauunternehmen der Region auf illegale Beschäftigung, Sozialbetrug und die Einhaltung von Mindestlöhnen. Das sind 10,4 Prozent weniger Prüfungen als im Vorjahr, wie die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) mitteilt. Die Gewerkschaft beruft sich auf eine Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke (Grüne). Danach leiteten die Zöllner 2018 in der Region 752 Ermittlungsverfahren wegen hinterzogener Steuern oder geprellter Sozialabgaben auf dem Bau ein - das sind 26,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Schaden belief sich auf 44,7 Millionen Euro.
"Die Zahlen zeigen: Die Baubranche bleibt ein Hotspot für Wirtschaftskriminelle. Je genauer der Zoll hinschaut, desto häufiger wird er fündig", sagt Karl-Otto Waas von der IG BAU Gelnhausen-Friedberg. Die Entscheidung der Bundesregierung, das Personal der Finanzkontrolle Schwarzarbeit von aktuell 7900 auf mehr als 10 000 Beamte bis zum Jahr 2026 aufzustocken, sei ein "wichtiges Signal zur Abschreckung". Die IG BAU habe sich seit Jahren für dieses Ziel starkgemacht. "Illegale Beschäftigung ist kein Kavaliersdelikt und muss konsequent geahndet werden. Sie kostet nämlich reguläre Arbeitsplätze bei sauber arbeitenden Bauunternehmen im Wetteraukreis und drumherum."
Mehr Kontrollen allein reichten jedoch nicht aus, um betrügerischen Firmen systematisch das Handwerk zu legen, betont Waas. "Wir brauchen ein ,Sündenregister' für Schwarzarbeit. Es muss eine öffentliche Kartei geben, in der die Betriebe aufgelistet werden, deren Geschäftsmodell auf illegaler Beschäftigung und Lohn-Prellerei beruht." So könne es auch dem Wetteraukreis gelingen, schwarze Schafe künftig von der öffentlichen Auftragsvergabe auszuschließen.
Positiv bewertet Waas die geplanten zusätzlichen Kompetenzen für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Ein Gesetzentwurf von Finanzminister Olaf Scholz sieht vor, dass die Beamten künftig bereits beim Verdacht auf illegale Praktiken einschreiten dürfen. Sie sollen dazu insbesondere Tagelöhner-Börsen verstärkt in den Blick nehmen. Im Kampf gegen organisierte Kriminalität wird es den Zöllnern außerdem erleichtert, Telefonate zu überwachen und Briefkastenfirmen im Internet zu verfolgen.
Nach Angaben der Bundesregierung prüfte das Hauptzollamt Gießen im vergangenen Jahr insgesamt 1568 Unternehmen auf illegale Beschäftigung und die Einhaltung von Mindestlöhnen. Dabei verhängten die Kontrolleure Bußgelder in Höhe von etwa 1,3 Millionen Euro und Freiheitsstrafen von 580 Monaten.