Europawahl im Wetteraukreis: Noch grüner als im Bund
Das Beste vorweg: Auch im Wetteraukreis hat die Europawahl deutlich mehr Frauen und Männer an die Urnen gebracht als zuletzt vor fünf Jahren.
Von Holger Sauer
Symbolisch: Dass "Europa" aus vielen Individuen besteht und an der Einheit stetig weitergearbeitet werden muss, hat Axel Wilisch mit seiner neuen Skulptur sicht- und deutlich gemacht. Die Installation aus Eichenholz ist seit zwei Wochen im Kunstraum in der Kurallee in Bad Salzhausen zu sehen. Wilisch ist Mitbegründer des Vereins Kunst:Projekt. Foto: Walenta
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WETTERAUKREIS - Das Beste vorweg: Auch im Wetteraukreis hat die Europawahl deutlich mehr Frauen und Männer an die Urnen gebracht als zuletzt vor fünf Jahren. Die Wahlbeteiligung liegt bei rund 58,5 Prozent. 2014 waren es nur 40,3 Prozent. Ebenfalls bemerkenswert: In der Region zwischen Münzenberg, Bad Vilbel und Büdingen haben die Grünen noch besser abgeschnitten, als es das bundesweite Ergebnis zeitigt. 23 Prozent haben sie kreisweit geholt. Nach gut 12 Prozentpunkten bei der vergangenen Europawahl. Mehr als 3 Prozent verloren hat die CDU, was magere 27 Prozent bedeutet. Noch härter getroffen hat es die Sozialdemokraten. Verluste von rund 13 Prozent bedeuten mit deutlichem Abstand zu den Grünen nur noch Rang drei.
Die AfD hat ihr Ergebnis nur ganz leicht verbessert gegenüber 2014. Von 10 auf 10,5 Prozent. Von Zuwachsraten wie zuletzt bei der Landtagswahl ist die vermeintliche "Alternative" damit weit entfernt.
"Es ist erfreulich, dass sich die Europa-Befürworter im Ergebnis durchgesetzt haben. Erfreulich ist auch, dass so viele Pro-Europäer zur Wahl gegangen sind und damit für eine hohe Wahlbeteiligung gesorgt haben", kommentiert die Kreisvorsitzende der Wetterauer CDU, Staatsministerin Lucia Puttrich, die Ergebnisse. "Klar ist aber auch, dass das bundesweite Ergebnis für die CDU ein enttäuschendes ist und uns nicht zufriedenstellen kann." Im Wetteraukreis sei die CDU noch glimpflich davon gekommen. In den meisten Kommunen im Kreis liege die CDU vorne. "Das ist ein klarer Ansporn für uns als Europa-Partei." Die Zukunftsfragen, wie etwa das Thema Klimaschutz, hätten offensichtlich eine wesentliche Rolle gespielt. Damit ließen sich auch die sehr guten Ergebnisse der Grünen erklären. Puttrich: "Das zeigt, dass dies keine Nischenthemen sind, sondern die Menschen bewegen." Offenbar habe die CDU nicht die nötigen Antworten auf diese Fragen der Bürger gehabt, räumt die Niddaerin ein. "Die Ergebnisse machen deutlich, dass es einen Rollentausch zwischen SPD und Grünen gegeben hat. Die CDU wirbt mit den Grünen um die Mitte der Bevölkerung."
Die Grüne Landtagsabgeordnete Kathrin Anders (Bad Vilbel) zeigt sich natürlich erfreut über das starke Ergebnis für ihre Partei in Land und Kreis und die erhöhte Wahlbeteiligung. "Die Wählerinnen und Wähler haben den Grünen-Kurs grandios bestätigt und trauen uns die Bewältigung der Zukunftsthemen zu", sagt sie. "Das ist auch Rückenwind für unsere Politik in Land und Kommunen. Die Wählerinnen und Wählern wollen ein klimafreundliches, solidarisches und demokratisches Europa. Wir werden im Land und vor Ort in den Kommunen weiter für diese wichtigen Ziele eintreten. Denn Europa, das sind wir alle." Das Ergebnis zeige, dass Grüne Politik weiterhin im Aufwärtstrend sei.
Die SPD-Unterbezirksvorsitzende und Landtagsabgeordnete Lisa Gnadl findet das Ergebnis der Europawahl für ihre Partei "sehr enttäuschend und bitter". Das Wetterauer SPD-Ergebnis liegt zwar etwas über dem Bundesdurchschnitt, "aber auch hier sind wir deutlich unter die Zwanzig-Prozent-Marke gerutscht und nur noch drittstärkste Kraft. Trotz unseres Wahlkampfeinsatzes ist es uns leider nicht gelungen, uns stärker vom Bundestrend abzusetzen." Auffällig sei, dass neben den Grünen vor allem die Kleinstparteien in der Summe großen Zuspruch geerntet hätten, während alle Parteien der großen Koalition weiter an Zustimmung verloren haben. Gnadl: "Als überzeugte Europäerin hoffe ich, dass im zukünftigen Europaparlament die demokratischen und pro-europäischen Kräfte eine klare Mehrheit haben werden."
AfD-Kreissprecher und Landtagsabgeordneter Andreas Lichert (Bad Nauheim) gesteht ein: "Die Grünen sind tatsächlich die großen Gewinner, während die AfD relativ schwach blieb." Das Wahlergebnis schreibe im Großen und Ganzen lange bestehende Trends fort: CDU und SPD hätten endgültig den Status als Volksparteien verloren. Die AfD konnte ihr Potenzial nicht ausschöpfen. Das sei natürlich nachvollziehbar, schließlich hätten die Regierenden auf rechtswidrige Weise den Inlandsgeheimdienst gegen die AfD eingesetzt. Das verunsichere natürlich viele bürgerliche Wähler, "die unsere wichtigste Zielgruppe sind". Betrachte man die Ergebnisse in der Wetterau, sei auch hier die "Grüne Welle" zu sehen, aber vor allem im klassischen Speckgürtel und entlang von A5 und Bahnlinien mit Anschluss an Frankfurt. Lichert wörtlich: "Das heißt, Grün wählen ist Dekadenzphänomen, das man sich leisten können muss. Die Grünen sind die Partei der ,Besser-Subventionierten'."
FDP-Kreisvorsitzender Jens Jacobi freut sich darüber, dass die FDP in der Wetterau ihr Ergebnis aus dem Jahr 2014 deutlich verbessert habe. Insgesamt könne man allerdings nicht zufrieden sein. "Wenn die beiden großen Parteien CDU und SPD schon so viel verlieren, ist es schade, dass wir da nicht mehr von profitieren können", sagt er. Positiv sei, dass die pro-europäischen Parteien gut und die Europa-Kritiker nicht so gut wie befürchtet abgeschnitten hätten. "Das ist ein Schritt in die richtige Richtung", findet Jacobi.