Am 1. Januar geht das Medizinische Versorgungszentrum Vogelsbergkreis in Grebenhain und Freiensteinau an den Start. Das Ausscheiden von drei Ärzten in Grebenhain und Crainfeld bedeutet einen holprigen Start.
Von Frank Schäfer
MVZ-Geschäftsführer Ulf Werner (Dritter von rechts) freut sich über den Bewilligungsbescheid, den Referatsleiter Ralf Pillok aus dem hessischen Sozialministerium (Zweiter von rechts) überreichte. Darüber freuten sich Jens Mischak (rechts), Sebastian Stang (links) und Sascha Spielberger (Zweiter von links). Staatssekretärin Anne Janz aus dem Sozialministerium und Eckhard Starke von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen waren per Livestream zugeschaltet. Foto: Schäfer
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FREIENSTEINAU - Das interkommunale Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) geht am 1. Januar an den Start. Gegründet vom Vogelsbergkreis und den Gemeinden Grebenhain und Freiensteinau, um die hausärztliche Versorgung auf dem Land zu sichern, erhielt es Mittwoch im Bürgerhaus Freiensteinau einen Zuwendungsbescheid des hessischen Sozialministeriums. Doch dieser Start könnte holprig ausfallen, wollen doch noch im Dezember in Grebenhain und Crainfeld insgesamt drei Hausärzte ihre Tätigkeit einstellen.
An der Pressekonferenz nahmen der Erste Kreisgeordnete und Gesundheitsdezernent Dr. Jens Mischak, die Bürgermeister Sebastian Stang (Grebenhain) und Sascha Spielberger (Freiensteinau), MVZ-Geschäftsführer Ulf Werner sowie Referatsleiter Ralf Pillok vom hessischen Sozialministerium teil. Staatssekretärin Anne Janz vom Sozialministrium und Dr. Eckhard Starke als stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen nahmen über einen Livestream teil. Dieses Gemeinschaftsprojekt des Vogelsbergkreises und der beiden Kommunen sei entstanden, um die hausärztliche Versorgung auf dem Land sicherzustellen, so Mischak. Er erinnerte daran, dass die Gemeinde Freiensteinau es bereits mit der Gründung einer eigenen GmbH versucht habe, in der die praktizierenden Ärzte angestellt werden. Das sei aber unter anderem an der geforderten Bürgschaft gescheitert, weswegen sich der Vogelsbergkreis als finanzstärkerer Partner an der Gründung des MVZ beteiligte. Dieses Versorgungszentrum in interkommunaler Zusammenarbeit sei hessenweit ein Pilotprojekt. Dieses MVZ werde die Ärzte anstellen. In Grebenhain sei bereits die neue Wohn- und Gesundheitsmitte entstanden, in der Praxisräume eingerichtet wurden. Gegenwärtig, so Mischak weiter, werde die Situation durch den Weggang mehrerer Ärzte verschärft. "Wir müssen bei der Personalakquise nachbessern", so der Gesundheitsdezernent. Bis zum Jahr 2025 werde die Hälfte der Hausärzte im Vogelsbergkreis die Altersgrenze erreicht haben.
In Freiensteinau sei die ärztliche Versorgung schon lange ein Thema, so Sascha Spielberger. Die Gemeinde habe damit die Infrastruktur im Blick, "durch Hausärzte kommen Menschen ins Dorf". Die Ärzte würden durch das MVZ auch vom Verwaltungsaufwand entlastet. Sebastian Stang sah die Gemeinde Grebenhain "noch nicht am Ziel", aber ein wichtiger Grundstein sei gelegt. Dieses Ziel sei die wohnortnahe Versorgung. Es müssten weitere Ärzte angeworben und das MVZ mit weiteren Gesundheitsdienstleistern der Region vernetzt werden.
Dieses erste interkommunale MVZ sei ein wichtiger Beitrag für die medizinische Grundversorgung, so Geschäftsführer Ulf Werner. Im Vogelsbergkreis gebe es viele alte Ärzte, die bald ihre Praxen aufgeben würden. Für Ärzte, auch ältere, sei es zunehmend attraktiv, außerhalb einer Klinik in einem Angestelltenverhältnis und in Teilzeit arbeiten zu können. "Das MVZ kann die Ärzte in vielerlei Hinsicht entlasten", sagte Werner. Im MVZ Vogelsberg sollen in Grebenhain laut dem Geschäftsführer drei Ärzte in Hausarztfunktion und neun medizinische Fachangestellte arbeiten. In Grebenhain sei bereits die neue Wohn- und Gesundheitsmitte erstanden, in Freiensteinau werde die Praxis Dr. Böhmes genutzt. In ihr würden zwei Ärzte angestellt. Bis zum Jahr 2022 sollten neue Praxisräume entstehen. Mittelfristig sollen laut Werner in Freiensteinau und Grebenhain insgesamt fünf bis sieben Hausärzte praktizieren.
Anne Janz sprach von einem "zukunftsweisenden Projekt". Die Gesundheitsvorsorge im ländlichen Raum sei ein wichtiges Thema. Die Staatssekretärin dankte den beiden "innovativen Bürgermeistern" und dem Vogelsbergkreis dafür, dass sie den ersten Stein ins Wasser geworfen hätten. "Das Sozialministerium unterstützt das gerne, das ist ein Modell für die Zukunft und wird im Vogelsbergkreis Früchte tragen", zeigte sich Janz überzeugt.
Dr. Eckhard Starke sprach von der gesundheitlichen Versorgung als einer "Aufgabe, die niemand mehr alleine schafft". Viele Ärzte suchten das Angestelltenverhältnis, die KV müsse zudem das Zulassungsrecht anpassen. Die KV werde beratend zur Seite stehen und bei der Abrechnung unterstützen. "Die zukünftige Versorgung wird ein Mix aus medizinischem Versorgungszentrum sowie Allein- und Gemeinschaftspraxen sein", sagte der KV-Vertreter.
Die beiden Bürgermeister sagten, dass die Bürgerbusse in Grebenhain und Freiensteinau für Praxisfahrten eingesetzt werden könnten. Und Jens Mischak ging noch einmal auf die Nachricht ein, dass die Crainfelder Ärzte Katrin und Frank Fischbach zum 18. Dezember ihre Praxis aufgeben wollen. Das sei "alles andere als gut" für die Versorgung. Zwar übernehme eine Ärztin aus dem Main-Kinzig-Kreis eine Praxis in Grebenhain, "dass das MVZ statt mit 3,5 nur noch mit einer Ärztin startet, ist überraschend", so Mischak. Dem Vernehmen nach will Dr. Kathrin Mißler ihre Praxis ebenfalls aufgeben.
Bevor Ralf Pillok den Bescheid übergab, erläuterte er, dass das Sozialministerium das Projekt mit insgesamt 65 000 Euro unterstütze. Der heutige dritte Teil des Bescheides sei für die Möblierung der Praxen bestimmt. Mischak ergänzte, dass auch für den Fördertopf "Interkommunale Zusammenarbeit" ein Antrag gestellt sei, 75 000 Euro seien in Aussicht gestellt worden.