Fulda: Proteste gegen Polizei nach tödlichen Schüssen auf 19-jährigen Afghanen
Von rg
Demonstranten gingen am Montag wieder auf die Straße. Foto: Görlich
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FULDA - Rund 200 Demonstranten gingen am Montag wieder auf die Straße, um erneut das Handeln des Polizisten beim tödlichen Einsatz am Freitag im Fuldaer Münsterfeld in Frage zu stellen.
Die "afghanische Community", mehrere Flüchtlinge aus dem Landkreis, die sich zusammengeschlossen haben, trafen sich wie bereits am Sonntagnachmittag in der Flemingstraße, wo am frühen Freitagmorgen ein 19-jähriger Mann aus Afghanistan von einem Polizeibeamten erschossen wurde. Anders als vorgesehen, fand doch ein Demonstrationszug statt.
Die Demonstranten bezeichnen den Polizeieinsatz und die tödlichen Schüsse als unverhältnismäßig. Nach einer friedlichen Demo am Sonntag, an der 70 Menschen, darunter viele Bewohner des Flüchtlingsheims, in dem auch der erschossene Afghane lebte, teilgenommen hatten, trafen sich am Montagnachmittag die Demonstranten zunächst zu einer Schweigeminute. Im Anschluss ging es auf den Parkplatz an der Haimbacher Straße, wo eigentlich nur eine Mahnwache stattfinden sollte. Allerdings forderten die aufgebrachten Kundgebungsteilnehmer lautstark, doch in die Innenstadt ziehen zu dürfen. Um die Lage nicht eskalieren zu lassen, ließ das Ordnungsamt der Stadt Fulda in Absprache mit der Polizei sie gewähren. So zogen die Demonstranten, vereinzelt mit Afghanistan-Flaggen und mit einigen "Wir wollen Gerechtigkeit"-Plakaten, in Richtung Stadtmitte. Am Universitätsplatz in Fulda endete die Demo mit rund 200 Demonstranten. "Die Community geht davon aus, dass die Polizei den 19-Jährigen willkürlich erschossen hat", so Abdulkerim Demir, Ausländerbeirat der Stadt Fulda. Er behauptet, dass der 19-jährige Afghane den Ausliefer-Fahrer nicht angegriffen habe, sondern dass es um einen Streit um zwei Brötchen gegeben habe. "Das hat ein Bewohner vom Fenster aus gesehen", meint Demir.
Zu der Demo gegen die Polizei sagt Polizeisprecher Martin Schäfer, dass es das Recht jeden Bürgers sei. Jeder dürfe friedlich seine Meinung äußern. "Wir als Polizei sehen es neutral, so wie man es von uns als Sicherheitsbehörde erwartet", so Schäfer, der konkret zum Fall am Freitagmorgen sagt, dass sich jeder darauf verlassen könne, dass sachlich gearbeitet werde. "Der gute Ruf der Polizei wird sich dadurch nicht verschlechtern", erklärt Schäfer. Man könne auf den Rechtsstaat vertrauen.
In diesem Zusammenhang bittet das Hessische Landeskriminalamt, dass die Ermittlung übernommen hat, nicht zu spekulieren, "sondern uns in Ruhe arbeiten zu lassen", wie Christoph Schulte aus der Pressestelle des Landeskriminalamtes sagt. Sobald ein Polizeibeamter zur Waffe greife und einen Menschen verletzte oder töte, werden Ermittlungen aufgenommen. Dies geschehe dann immer von einer neutralen Institution, also dem Landeskriminalamt, und nicht von der Kriminalpolizei vor Ort - also unabhängig von persönlichen Bezügen. "Da muss man sehr gut und akribisch arbeiten. Und das dauert seine Zeit", so Schulte: "Es ist nicht gut, wenn Vermutungen von Beiräten und den 'Kritischen Beamten' aufgestellt werden." Thomas Wüppesahl, Bundessprecher der Kritischen Polizisten, ein von Polizeibeamten gegründeter Berufsverband, sagte gegenüber der Hessenschau, es sehe alles danach aus, dass unverhältnismäßig gearbeitet worden sei.
Für Dienstag, 17 Uhr, ist erneut eine Mahnwache am Parkplatz der Haimbacher Straße geplant. Ein Demonstrationszug ist hier erneut nicht vorgesehen.
Zwölf Schüsse abgegeben
Der 19-jährige Afghane, der durch eine Schusswaffe eines Polizisten am frühen Freitagmorgen im Fuldaer Münsterfeld getötet wurde, wurde von vier Kugeln getroffen. Das hat die Obduktion ergeben. Insgesamt wurden laut Staatsanwalt Harry Wilke zwölf Schüsse abgegeben.
Der Verstorbene wurde von einer Kugel in den rechten Oberschenkel und von drei Kugeln in den Thorax-Bereich getroffen. Zwei Schüsse, die lebenswichtige Organe getroffen haben, waren hierbei tödlich. Zwölf Schüsse fielen insgesamt, wobei die Staatsanwaltschaft derzeit nicht genau weiß, ob einige Schüsse Warnschüsse waren. Klar ist hingegen, dass alle Schüsse aus der Waffe eines Polizeibeamten stammen. Dieser wurde laut Wilke noch nicht vernommen. Der Polizist, der die Schüsse abgab, hat nun das Recht seine Aussage zu verweigern. "Er ist im Beschuldigten-Status", erklärt der Fuldaer Staatsanwalt.
Zum Tathergang steht bisher fest, dass der 19-Jährige, der weder betrunken war, noch unter Drogeneinfluss stand, "sich nach den bisherigen Ermittlungen äußerst aggressiv verhalten hat", so Wilke. Zum einen dem Ausliefer-Fahrer, zum anderen auch den Polizeibeamten gegenüber. Laut Wilke hat der Afghane den Mann, der die Filiale der Bäckerei-Pappert beliefert hat, mit einem Stein am Kopf verletzt. Dann soll er die zuerst herbeigeeilte Streife angegriffen haben. Hierbei soll er einen Beamten mit dem Schlagstock schwer verletzt haben. "Es sieht so aus, als wäre es dem Angreifer gelungen, dem Beamten den Schlagstock wegzunehmen", so Wilke. Wenig später traf eine zweite Streife ein, bestehend aus dem Polizisten, der selbst geschossen hat und einer Polizistin. Der Angreifer war wohl zunächst geflüchtet und sollte von dieser Streife festgenommen werden. "Dann kam es zum Schusswaffengebrauch, wobei wir nicht sagen können, ob es Warnschüsse waren", so Wilke.
Zu den Ereignissen meldeten sich auch Politiker zu Wort: Bundestagsabgeordneter Michael Brand (CDU) kritisierte es als unangemessen, dass "der Vorsitzende des Ausländerbeirats, ohne dass die Untersuchungen überhaupt abgeschlossen sind, voreilig einseitige Schuldzuweisungen gegen die Polizeibeamten vornimmt. Das gehört sich einfach nicht". Fakt sei auch nach den Einlassungen der Staatsanwaltschaft, dass die massive Gewalt sowohl gegen unbescholtene Bürger als auch gegen die Polizei von dem 19-jährigen Afghanen ausgegangen sei. Ursache und Wirkung dürfe man bei diesem brutalen Vorgehen des Täters nicht vertauscht werden. AfD-Bundestagsabgordneter Martin Hohmann findet zwar, dass der Tod des Afghanen "tragisch und bedauerlich" sei. Hätte er aber die "Einladung" nach Deutschland nicht angenommen, wäre er sicher noch am Leben. Die Hauptschuldige am Tod des Afghanen und den "verletzten Deutschen" sei ohnehin die Bundeskanzlerin. "Angela Merkel hat ihre Schutzpflicht verletzt. Sie ist die eigentlich Schuldige."