Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH) hat in der Auseinandersetzung um die Zuverlässigkeit von Testergebnissen mit dem Vogelsbergkreis Konsequenzen gezogen. Görig reagiert mit Statement.
Ein Abstrichstäbchen wird in einer ambulanten Corona-Test- Einrichtung gehalten. Symbolfoto: dpa
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Vogelsbergkreis/Alsfeld (red). Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH) hat in der Auseinandersetzung um die Zuverlässigkeit von Testergebnissen mit dem Vogelsbergkreis Konsequenzen gezogen und schließt ihr COVID-Koordinierungscenter in Alsfeld am 30. Juni. Das hat die KVH am Montag in einer Pressemeldung bekannt geben. Eine diesbezügliche Anfrage unserer Zeitung am vergangenen Freitag blieb jedoch unbeantwortet.
Die Vorstandsvorsitzenden der KVH, Frank Dastych und Dr. Eckhard Strke sagen in einem gemeinsamen Statement: "Nachdem wir uns nicht nur mit unhaltbaren Vorwürfen seitens der Kreisspitze konfrontiert sehen, sondern der Landrat des Vogelsbergkreises die Bürger ferner dazu aufruft, unser Koordinierungscenter zu boykottieren und sich stattdessen im Krankenhaus testen zu lassen, kommt für uns nur eine Reaktion infrage: Die sofortige Schließung." Und weiter: "Zumal der Landrat bis heute die Liste der 14 in Mainz angeblich falsch-positiv Getesteten nicht vorgelegt hat. Wie in anderen Regionen Hessens hätten wir den Menschen im Vogelsbergkreis gerne weiterhin die Möglichkeit gegeben, sich - trotz eines bisher ohnehin schon hochdefizitären Betriebs - in unserem Koordinierungscenter auf das Coronavirus testen zu lassen." Die Tatsache, dass auch das zuständige Gesundheitsamt auf Weisung des Landrates keine Patienten mehr in unser Koordinierungscenter schicke, zwinge die KVH jedoch zu diesem aus ihrer Sicht bedauerlichen Schritt.
Die Reaktion von Landrat Manfred Görig (SPD) folgte wenig später ebenfalls per Pressemeldung. "Es war unsere Pflicht, zu reagieren, es ist unsere Aufgabe, Schaden von der Bevölkerung abzuwenden. Wir haben das gemacht, was die KV offensichtlich unterlassen hat." Mittlerweile gebe es 14 Fälle, deren erste Untersuchung in KV-beauftragten Laboren positiv ausfiel, die sich bei einer zweiten Testung allerdings als negativ erwiesen hätten. "Das fiel nur auf dank der Fachkompetenz unseres Gesundheitsamtes", betont Görig.
UNTERSUCHUNG NUR MIT BESCHEINIGUNG
. Das Gesundheitsamt des Vogelsbergkreises weist bezüglich der Abstrichuntersuchungen auf COVID-19 nochmals darauf hin, dass die Testungen in den Krankenhäusern Alsfeld und Lauterbach nur mit einer entsprechenden Bescheinigung des Gesundheitsamtes möglich sind. Die Patienten sollen sich über die Corona-Hotline-Nummer 06641/97 71 89 beim Amt melden. Dort wird über Notwendigkeit einer Testung entschieden. "Wegen der nach wie vor bestehenden Pandemie bitten wir die Bürger, keinesfalls direkt in den Krankenhäusern vorzusprechen, hier besteht Betretungsverbot", macht das Gesundheitsamt deutlich.
(red)
"Wir sind gehalten, die Bevölkerung vor einem zweiten Lockdown zu bewahren", macht Görig deutlich. Bei einer Häufung nicht erkannter falsch-positiver Testungen könne es aber genau zu einer solchen Situation kommen - und zwar ohne jegliche Grundlage. "Falsch-positive Ergebnisse können in der Konsequenz zu Schließungen von Geschäften und Betrieben, von Schulen oder Kitas führen. Die wirtschaftlichen Folgen eines zweiten Lockdowns wären verheerend", so der Landrat. "Zudem müssten erneut strenge Kontaktaktbeschränkungen ausgesprochen werden, wie wir das aus dem Frühjahr kennen", ergänzt Gesundheitsdezernent Dr. Jens Mischak (CDU) und fragt: "Sollen wir das alles unseren Bürgerinnen und Bürgern erneut zumuten? Ohne Grundlage? Nur weil wir alle Testergebnisse ohne Wenn und Aber akzeptieren? Und selbst in nicht nachvollziehbaren Fällen nicht nachfragen? Da kann es nur eine Antwort geben: nein."
Seit Wochen wisse die Kassenärztliche Vereinigung, dass es bei Corona-Tests in einigen Laboren zu diesen nicht nachvollziehbaren Ergebnissen gekommen ist. "Auf unsere Hinweise aber hat sie bislang nicht reagiert", sagt Görig und weist auf einen Schriftverkehr vom 20. Mai - also vor mehr als fünf Wochen - hin. Darin habe ein Fachreferent in einer Mail an den stellvertretenden Vorsitzenden der KV, Dr. Eckhard Stracke, erklärt, dass es Hinweise gibt, dass ein Labor "je nach Verfügbarkeit nur das E-Gen nachweist, was tatsächlich nicht ausreichend wäre".
"Das alles war also bekannt, nichts ist geschehen. Der Amtsleiter unseres Gesundheitsamtes hat in mehreren langen Telefonaten mit der KV auf die nicht nachvollziehbaren Ergebnisse nach den ersten beiden Fällen hingewiesen. Es gab keine Reaktion daraufhin. Mir jetzt öffentlich den schwarzen Peter zuzuschieben und mir vorzuwerfen, ich hätte die komplette Liste der falsch-positiven Testungen nicht vorgelegt, ist eine Unverschämtheit", sagt Görig.
"Wenn diese Fälle noch einmal überprüft werden sollen, dann von einer unabhängigen Stelle, nicht von der KV selbst", fährt Görig fort. "Diese unabhängige Stelle muss beurteilen, was im von der KV beauftragten Labor untersucht wurde, und was im Labor, das wir beauftragt hatten, getestet wurde."
Insgesamt, so betonen Görig und Mischak, "hätten wir erwartet, dass die KV die Angelegenheit ernst nimmt, die verbalen Entgleisungen der KV haben niemanden geholfen." Es müsse schließlich darauf ankommen, die Bevölkerung in dieser schwierigen Situation nicht zu verunsichern. "Wir brauchen Tests, die unseren Ansprüchen genügen", erklärt der Landrat. Daher habe er das Testcenter der KV nicht weiter empfehlen können. Seit dem heutigen Montag werden die Abstriche daher in den Krankenhäusern in Alsfeld und Lauterbach durchgeführt. "Vor dem Hintergrund der ganzen Irritationen der vergangenen Wochen, der Unsicherheit und der Ängste der Betroffenen und ihrer Angehörigen muss ich sogar sagen, dass ich die Schließung begrüße", hebt Görig hervor. "Unsere Bürgerinnen und Bürger brauchen schließlich eine hinreichende Sicherheit bezüglich der Testergebnisse." Von den Kreistagsfraktionen hatte die Kreisspitze zu ihrem Kurs weigehend Zustimmung erfahren.