Große Leidenschaft für alte Apfelsorten: Marcel Carl präsentiert Vielfalt in Bobenhausen

Obstsorten und speziell Äpfel faszinieren ihn seit seiner Kindheit. Jetzt hat der Bellmuther Marcel Carl 120 Apfelsorten aus der Region auf dem elterlichen Hof in Bobenhausen ausgestellt.
Der Bellmuther Marcel Carl, zertifizierter Landschaftsobstbauer, Apfelexperte und stellvertretender Sprecher der Landesgruppe Hessen des deutschen Pomologenvereins, hat in seinem elterlichen Hof in Bobenhausen zwei Tage lang zu Informationszwecken über 120 heimische Apfelsorten ausgestellt, darunter vor allem robuste alte Sorten, aber auch einige neuere Züchtungen. Sein »pomologischer Ziehvater« und Vorsitzender der hessischen Landesgruppe, Werner Nussbaum aus Kilianstädten, zeigte sich wie zahlreiche weitere Besucher begeistert von der Schau, die durch viele Informationen rund um den Apfel sowie die Verkostung von Produkten rund um das gesunde Obst ergänzt wurde. Auch Landratskandidat Rouven Kötter (SPD) stattete dem Hof einen Besuch ab und betonte vor Ort die Schutzwürdigkeit heimischer Streuobstwiesen. Erst im September hatte er als Erster Beigeordneter des Regionalverbandes Frankfurt-Rhein-Main die Gemeinde Ranstadt als Streuobstkommune 2022 ausgezeichnet.
»Obstsorten und speziell Äpfel faszinieren mich seit meiner Kindheit«, berichtete Marcel Carl im Gespräch. »Inzwischen kenne ich wohl sämtliche Streuobstwiesen im weiten Umkreis - aber schon als kleiner Bub bin ich zu jeder Jahreszeit gern unter den alten Apfelbäumen herumgestreift, habe die Vielfalt ihrer Früchte bewundert und vor der Ernte bald ziemlich genau schätzen können, wie viel Apfelsaft man aus dem Ertrag einer Wiese würde herstellen können.«
Der Familienvater, im Hauptberuf Erzieher, hat die Wertschätzung und die Information über alte Apfelsorten seither zu seiner Herzensangelegenheit gemacht und im Pomologenverein sowie speziell in Werner Nussbaum Ansprechpartner für seine stetige Weiterbildung gefunden. Bei seiner Ausstellung zogen die Äpfel in allen Formen und Farbschattierungen von Gelb über zartes Grün bis hin zu Orange, tiefem Purpur und gestreiften Varianten bewundernde Blicke auf sich. »Die Namen der einzelnen Sorten klingen zum Teil poetisch, viele verraten etwas über den Ort, an dem sie erstmals klassifiziert wurden, über ihre Entdecker oder ihre Verwendung«, erläuterte der Apfelexperte und stellte mit dem Friedberger Bohnapfel die Jahressorte 2022 des hessischen Pomologenvereins vor, die 2023 von der Bischofsmütze aus Maintal-Bischofsheim gefolgt wird. »Oberhessen und besonders unsere Wetterau sind nicht nur landschaftlich sehr attraktiv, sie sind auch die Schatzkammer alter Apfelsorten in Hessen«, betonte Marcel Carl. »Bei mehreren Obstbaumkartierungen, zum Beispiel in Wölfersheim, Nidda und Ranstadt, konnten wir seitens des Pomologenvereins eine sehr hohe Dichte an alten, teilweise extrem seltenen und vom Aussterben bedrohten Apfelsorten feststellen.«
Zu allen gezeigten Sorten konnte Carl Geschichten ihrer Auffindung und Charakteristika, ihren Vorzügen und Verwendungsmöglichkeiten erzählen, hinzu kam umfangreiches Infomaterial des Pomologenvereins sowie eine Verkostung von Produkten rund um den heimischen Apfel.
Kein Vergleich zum Supermarkt
»Im Supermarkt findet man maximal acht bis zehn Sorten, meist neuere Züchtungen wie den Cox, den Jonathan und den Golden Delicious, die zudem vor der Ernte regelmäßig mit Pflanzenschutzmitteln gespritzt werden müssen, um das vom Verbraucher gewünschte makellose Aussehen zu erhalten«, erläuterte der Experte und erhielt viel Zustimmung bei den älteren Besuchern, die sich daran erinnerten, dass man früher kleine Makel oder auch faule Stellen an einem Apfel einfach wegschnitt und das Gros der Frucht weiterverwandte. »Mit den alten heimischen Sorten erwirbt man Obst von hohem gesundheitlichen Nutzen, das zudem von Natur aus resistenter gegen die hiesigen Schädlinge ist und meiner Erfahrung nach oft auch von Menschen vertragen wird, die auf die Säure der üblichen Sorten ansonsten mit Unverträglichkeiten reagieren«, sagte Marcel Carl, dessen Rat weit über die Region hinaus gefragt ist.
Den Streuobstwiesen seiner nahen Heimat stellt er inzwischen ein gutes Zeugnis aus: »Nachdem man in den 60er Jahren mit Beginn des Obstplantagenbaus den Streuobstwiesenbesitzern noch Prämien für das Fällen ihrer Bäume bezahlte, setzt sich heutzutage allmählich die Erkenntnis durch, welchen Schatz wir in den alten Apfelbäumen besitzen. 95 Prozent der hiesigen Streuobstwiesen sind in einem guten Zustand.«
