1. Startseite
  2. Lokales
  3. Ortenberg

Hilfsvereine aus Ortenberg und Nidda: Spenden werden immer weniger

Erstellt:

bg_Tobias_Greilich_von_Hess
Tobias Greilich belädt im November einen Lastwagen mit Hilfsgütern für die Ukraine. Der 46-jährige Ortenberger hilft vielen Menschen in Not, beispielsweise auch den Flutopfern im Ahrtal. © pv

Hilfen für mehr als 20 Millionen Menschen im Kriegsgebiet in der Ukraine organisieren drei Vereine aus der östlichen Wetterau. Doch seit dem Herbst ist die Spendenbereitschaft stark zurückgegangen.

Im Sommer berichtete Tobias Greilich von einer hohen Spendensumme für die Opfer des Ukraine-Krieges. »500 000 Euro gegen Kriegsleid« hieß die Titelzeile des Artikels am 20. August im KA.

S chulen in Hessen veranstalteten Spendenläufe und sandten die Erlöse an die »Aktion Hessen hilft« (AHH). Der gemeinnützige Verein wurde in den 90er Jahren von Schülern und Studenten um den Ortenberger Tobias Greilich und seine Frau Erika gegründet. Damals half man den Opfern des Bosnien-Krieges.

Aktuell sammelt »Hessen hilft« Material und Geld für die Ukraine und die Opfer der Flutkatastrophe im Ahrtal. Seit Jahresbeginn bis Anfang November schickte man im zweiwöchigen Rhythmus 16 Lkw in die Ukraine, zwölf weitere nach Rheinland-Pfalz. »Jetzt wird der Turnus länger«, berichtet der 46-Jährige. Im Dezember ging noch eine Lieferung nach Odessa, im Januar schicken die Ortenberger Hilfsgüter in ein rumänisches Flüchtlingslager nahe der Grenze zur Ukraine.

Nicht genug Güter in Aussicht

Für weitere Fuhren sind nicht genug Güter in Aussicht, berichtet Greilich. Der Verleger und Marketing-Fachmann muss ohnehin das Warenlager von »Hessen hilft« im früheren Büdinger Obi-Markt räumen, den man mietfrei nutzen konnte. Er sagt: »Ich weiß nicht, ob wir ein neues Lager finden. Es wird gerade ruhiger.« Dabei bräuchten die Menschen in diesem Winter mehr Material denn je - vor allem warme Kleidung, Lebensmittel, Generatoren, medizinische Ausrüstung, Schlafsäcke und Großraumzelte.

Doch der Nachschub stockt. »Die Spendenbereitschaft ist eingebrochen«, sagt Greilich. Seitdem die Energiepreise explodierten und die Inflation auf zehn Prozent stieg, »wissen die Leute in Deutschland selber nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen«. Gerade Menschen mit geringem Einkommen sind normalerweise die großzügigsten Geber, weiß Greilich. Kein Wunder: »Wer die Not kennt, ist eher bereit, anderen aus der Not zu helfen.« Doch diese Menschen treffe die Energie- und Wirtschaftskrise besonders stark. Auch die Kontakte zu Firmen und die Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten Boris Rhein helfen der AHH nicht, aus der Flaute herauszukommen. Der Verein hat es laut Greilich auch schwer, an beständige Geber heranzukommen. Die Ortenberger arbeiten meist anlass- und projektbezogen. Sie organisieren Hilfsaktionen von Schulen, pflegen aber keinen Stamm von Spendern.

»Die Spendenbereitschaft ist auch bei uns zurückgegangen«, sagt Simon Boschmann vom 1980 gegründeten Hilfsverein »Nehemia« in Wallernhausen. Aber von der Wallernhausener Zentrale aus stehe man ständig im Kontakt zu gut 850 christlichen Gemeinden im deutschsprachigen Raum.

Der Verein hat laut Boschmann etwa 20 hauptamtliche Beschäftigte, die den Spendenstrom mit der 1970 gegründeten »Aktion für verfolgte Christen und Notleidende« (AVC) an Bedürftige in gut 60 Ländern organisieren.

In die Ukraine gingen seit Kriegsausbruch rund 500 Tonnen an Hilfsgütern, berichtet Simon Boschmann. In der Woche vor Weihnachten startete ein 40-Tonner zu einem Zwischenlager im ukrainischen Grenzgebiet zu Polen. Den Transport erledigen befreundete Spediteure. Mit Sprintern bringt man diese Hilfsgüter dann zu Verteilstellen bei christlichen Gemeinden in die Ukraine. Der aktuelle Transport geht ins jüngst zurückeroberte Cherson.

Kunden beschimpfen Helfer

»Nehemia« schickt auch den Erlös von Geldspenden in die Ukraine. »Bei der letzten Überweisung waren es 36 000 Euro. Davon kann man in der Westukraine zehn Tonnen Reis, 20 Tonnen Nudeln, zwölf Tonnen Sonnenblumenöl und weitere Lebensmittel kaufen«, sagt Boschmann.

Im ersten Halbjahr transportierten die von AVC und »Nehemia« organisierten Lkw auch zwei Fuhren mit Sachspenden von »Nidda hilft« in die Ukraine. Der Anfang März gegründete Verein hat bald 50 Mitglieder. Sie sammelten rund 35 000 Euro an Geldspenden ein, berichtet Vorsitzender Daniel Kaczarepa. Vor Supermärkten baten die Aktiven um Lebensmittel und Hygieneartikel für die Kriegsopfer. »Dann hatten wir aber Fälle, wo sich Helfer von Kunden beschimpfen lassen mussten.«

Die Preise stiegen, und die Hilfsbereitschaft für Fremde ließ spürbar nach. Inzwischen kümmern sich Mitglieder um 25 Geflohene aus der Ukraine. Man hilft ihnen in der Region Nidda bei der Wohnungssuche, beim Ausfüllen von Anträgen und anderen Problemen. Beinahe hätte der Verein vier Wohnungen angemietet und mit Geflohenen belegt. Davon nahm man wegen des Kostenrisikos aber Abstand. Auf der Webseite aktionhessenhilft.de informiert der 1991 von Tobias Greilich und seinen Freunden gegründete Verein über seine Aktivitäten für die Ukraine. Die Ortenberger nennen das Spendenkonto mit der IBAN DE81 5185 0079 0121 0076 65. Wer etwas gibt, soll sich auch an die Mailadresse contact@ahh-mail.de wenden.

Das christliche Hilfswerk »Nehemia« aus Wallernhausen informiert über seine Arbeit auf nehemia.org. Wer Geld spenden will, kann die Kontonummer DE17 5066 1639 0007 0013 20 nutzen.

Der gemeinnützige Verein »Nidda hilft« hat eine gut nutzbare Internetseite unter niddahilft.de veröffentlicht. Dort gibt es - allerdings nur in deutscher Sprache - praktische Informationen für Geflohene aus der Ukraine, die in der Wetterau gelandet sind. Und eine Börse für Haushaltsgegenstände, damit sich die Neuankömmlinge hier einrichten können. Wer Geld geben will, soll das Konto DE85 5186 1616 0000 7210 00 in der Überweisung angeben. VON KLAUS NISSEN

Auch interessant