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Der Wetteraukreis prüft: Eignet sich Ortenberger Hof als Unterkunft für geflüchtete Menschen?

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Von: Björn Leo

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Das Hotel-Restaurant Ortenberger Hof ist seit dem 1. Dezember geschlossen. Derzeit prüft der Wetteraukreis, ob das Gebäude als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden kann. © Björn Leo

In Ortenberg spitzt sich die Debatte um die Unterbringung von Flüchtlingen zu. Plötzlich ist auch der Ortenberger Hof eine Option. Das Hotel-Restaurant ist seit 1. Dezember geschlossen.

Ein Blumengruß, dazu die Tafel mit der Aufschrift »Zimmer frei«. Unter dem Foto heißt es »Wir freuen uns auf Ihr Kommen!«. Die Homepage des Ortenberger Hofes ist unfreiwillig brandaktuell. Denn obwohl das Hotel-Restaurant »In den St. Wendelsgärten« seit dem 1. Dezember seinen Betrieb eingestellt hat, könnte es in Kürze wieder Gäste aufnehmen. Der Wetteraukreis führt Gespräche mit dem Eigentümer und prüft, ob sich das Gebäude an der Hauptstraße als Unterkunft für Geflüchtete eignet. Wenn dem so wäre, dürfte das Bürgerhaus in Gelnhaar als mögliches Flüchtlingsquartier wohl vom Tisch sein. Pläne, dort in diesem Winter 80 Menschen unterzubringen, sorgen für Widerstand.

Perfekter Standort

»Wir hoffen, dass der Wetteraukreis die Hinweise aus Ortenberg und vor allem die aus Gelnhaar ernst nimmt und entsprechende Schlüsse daraus zieht«, sagt Bürgermeisterin Ulrike Pfeiffer-Pantring am Vortag der Stadtverordnetenversammlung, die sich an diesem Dienstag mit der Unterbringung von Geflüchteten beschäftigen wird. Die Verwaltungschefin setzt große Hoffnungen darauf, dass sich der Landkreis und der Eigentümer des Ortenberger Hofes einig werden. Denn: Das Hotel verfügt über 19 Zimmer, allesamt mit Dusche und Toilette. Es gibt 13 Doppelzimmer, die aufgrund ihrer Größe vorübergehend mit einem zweiten Doppelbett ausgestattet werden könnten, zudem drei Twin-Zimmer, die über getrennt stehende Betten verfügen, und drei Einzelzimmer. »Es ist der perfekte Standort. Die Supermärkte in der Wilhelm-Leuschner-Straße und die Stadtveraltung sind in unmittelbarer Nähe. Zudem ist der Ortenberger Hof sofort verfügbar«, erklärt die Bürgermeisterin.

Auf Nachfrage dieser Zeitung heißt es aus der Friedberger Kreisverwaltung: »Die Prüfung des Gebäudes läuft noch. Es geht vor allem darum, ob es den Bedürfnissen entspricht.« Ulrike Pfeiffer-Pantring glaubt, dass der Brandschutz kein Ausschlusskriterium sein dürfte. »In dem Haus war bis vor wenigen Tagen ein genehmigtes Hotel.« Selbst für den Fall, dass Rettungswege fehlen sollten, ließen sich Nottreppen am Gebäude anbringen.

Im Hintergrund, sagt Ortenbergs Rathauschefin werden weitere Gespräche geführt, in denen es um die zusätzliche Unterbringung Geflüchteter in den Stadtteilen geht. Ohne Details zu nennen, erklärt sie: »Wir arbeiten an einem Plan, der darauf abzielt, den Menschen, die zu uns kommen, zu helfen, und unsere Bevölkerung nicht über Gebühr zu belasten.« Es sind freilich noch keine Entscheidungen getroffen, aber es spricht aktuell viel dafür, dass in Gelnhaar die Bevölkerung auf ihr Bürgerhaus nicht verzichten muss.

Dreh- und Angelpunkt

»Keine Frage: Es ist das Gesprächsthema Nummer Eins bei uns«, sagt Ortvorsteher Martin Hansche. Die Leute seien angespannt. Zu viel breche über die Menschen herein, manche Sachverhalte seien schwer zu begreifen. »In Gelnhaar ist der Tenor klar: Natürlich nehmen wir Geflüchtete auf, wollen helfen. Aber das Bürgerhaus ist der Dreh- und Angelpunkt für alles im Dorf.« Ein Dorf, so Hansche, in dem sich die Leute fragen, was wohl Fremde den lieben langen Tag treiben wollen. »Es gibt hier nix, nicht mal mehr ein Lädchen, in dem du die Bild-Zeitung kriegst.«

Der Ortsvorsteher erwartet eine klare Entscheidung von den Stadtverordneten. »Eine Lösung, eine Strategie, einen Plan, den die Menschen nachvollziehen können - das ist es, was bislang gefehlt hat.« Martin Hansche betont, dass Gelnhaar ein Dorf ist, das gerne hilft. Die Flüchtlinge, die in einer Unterkunft in der Ysenburger Straße leben, haben sich gut integriert und gehören zur Gemeinschaft, schildert der Mann, der seit Jahren ehrenamtlich beim Roten Kreuz aktiv ist. »Ein guter Konsens muss her und ein Arbeitskreis, aus dem sinnvolle Ideen hervorgehen, der alle Stadtteilen einbindet.« Es sei ein Fehler gewesen, die Leute ganz unvermittelt mit diesen »immensen Zahlen« zu konfrontieren. »Da haben wir uns überrumpelt gefühlt.«

Bürgermeisterin macht Mut

Die Bürgermeisterin versteht das. Sie weiß um das Ehrenamt im Dorf, betont die Bedeutung des Bürgerhauses im Hammerweg. »Da steckt Fleiß und Herzblut drin.« Ulrike Pfeiffer-Pantring nennt Männer wie Andreas Misar, Wilfried Czotscher und Hans Müller, die sich ums Vereinsleben und die Dorfgemeinschaft verdient gemacht haben. »Ihnen das Bürgerhaus zu nehmen, wäre wie einem Ertrinkenden das letzte Stück Holz zu entreißen«, sagt sie. Es sei in den politischen Gremien Konsens, einen anderen Weg zu gehen. »Die Parteien stehen hinter dem Ortenberger Hof. Jetzt warten wir auf ein Signal aus Friedberg.«

Die Ortenberger Stadtverordnetenversammlung tagt an diesem Dienstag, 20. Dezember, ab 19 Uhr im Saal des Bürgerhauses ((Wilhelm-Leuschner-Straße 6).

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