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Über der Kanzel: Das Symbol des Pelikans

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cwo_COWpelikan2_230422_4c © Corinna Willführ

Man muss den Blick ein wenig schweifen lassen, dann ist der Vogel in vielen Kirchen, wie in Nidda, Rommelhausen, Glauberg oder Usenborn, zu entdecken. Er hat eine besondere Bedeutung.

Rommelhausen/Glauberg/Usenborn/Nidda (cow). Die Jahreslosung der evangelischen Kirche 2021 lautete »Seid barmherzig«. Papst Johannes Paul II. hat den Sonntag nach Ostern im Jahr 2000 für Katholiken als »Tag der göttlichen Barmherzigkeit« eingeführt. In diesem Jahr ist dies der Sonntag, 24. April. Bereits seit dem Mittelalter ist der Pelikan in vielen Kirchen als Symbol der Barmherzigkeit zu finden. So auch in Nidda, in Rommelhausen, in Glauberg oder Usenborn.

Barmherzigkeit heißt nicht Mitleid, sondern vor allem tätige Nächstenliebe. Die haben die Menschen in der Region in den vergangenen Wochen vielfältig mit ihren Hilfs- und Spendenaktionen für die kriegsgebeutelten Menschen aus der Ukraine und die Zufluchtsuchenden hier vor Ort gezeigt.

Tiergruppe über der barocken Kanzel

Die denkmalgeschützte Kirche in Rommelhausen, errichtet 1724, ist ein schlichtes Gotteshaus. In der Dorfkirche des heutigen Limeshainer Ortsteils gibt es keine farbigen Glasfenster, keine Deckenmalereien. Doch auf dem Schalldeckel über der barocken Kanzel ist eine vergoldete Tiergruppe zu entdecken: ein Pelikan, der seine Jungen füttert.

Wenige Kilometer entfernt, in der evangelischen Kirche in Glauberg findet sich die gleiche Symbolik, ebenfalls über der Kanzel. Dort sind die Vögel in schlichtem Weiß gehalten. In der St.-Laurentius-Kirche in Usenborn muss man den Blick an die Decke richten, um das christliche Sinnbild für Barmherzigkeit zu entdecken. Über dem Vogel und seinem Nachwuchs sind klar die Buchstaben L.G.B. zu erkennen, deren Deutung bis heute indes unklar ist.

Eine Liebe, die aufopfernd ist

Eindeutig die Botschaft, die den Pelikan-Darstellungen auf der kunstvollen Stuckdecke der evangelisch-lutherischen Stadtkirche Zum Heiligen Geist in Nidda beigefügt ist.

Die Inschrift lautet: Mortvos Vivico (die Toten mache ich lebendig), wie im Kirchenführer übersetzt für das »Symbol der sich selbst aufopfernden Liebe Christi« zu lesen ist.

Die Darstellungen sind ebenso wie zwei goldene Doppeladler mit farbiger Krone neben den Wappen der beiden Kirchenstifter Landgraf Ludwig V. und seiner Gattin Magdalene von Brandenburg angebracht

»Beschrieben wird der Pelikan bereits im »Physiologus, einer frühchristlichen Schrift. Sie ist um 150 bis 200 v. Chr. In Alexandria in Ägypten entstanden«, erklärt der Ortenberger Kunsthistoriker Michael Schroeder. Das antike Kompendium stellt in 48 Kapiteln Pflanzen, Steine und Tiere vor, die vom Nachhinein allegorisch auf das christliche Heilswesen gedeutet werden. Im Alten Testament sind fünf Stellen zu finden, in denen Bezug auf den großen Vogel mit seinem charakteristischen Kehlsack genommen wird.

Ein Sinnbild für Jesu Christus

Über die Jahrhunderte hat sich das Symbol des Pelikans, der seine Jungen (vermeintlich mit seinem Blut ernährt) zu einem Sinnbild für Jesus Christus etabliert, der sich mit seinem Tod am Kreuz für die Menschen opferte. Der Legende nach soll der Vogel in einer Hungersnot mit seinem Schnabel ein Loch in die Brust gebohrt haben, um seine Brut mit seinem Blut am Leben zu erhalten.

Wer einmal den Blick für die deutungsvolle Darstellung des oft weißen Vogels geschärft hat, findet sie etwa auch auf einem Medaillon in der Kirche von Wölfersheim-Wohnbach oder auch im Gotteshaus des Niddaer Stadtteils Ulfa.

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cwo_COWpelikan_230422_4c © Corinna Willführ
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