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Naturschutz, Straßenbau und Ausgleichsflächen: Nicht immer für alle nachvollziehbar

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Die Hecke auf dem Grundstück von Silke Karnelka und Heiko Matthäs bietet Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Jetzt soll sie dem Kreis als Ausgleichsfläche dienen. © Paulina Gertrud Schick

Wie viel Eingriff in die Natur ist gut, was ist eher schädlich? Ein Beispiel aus Hitzkirchen macht deutlich, wie schwierig das bei Ausgleichsflächen sein kann, .

Zwischen Hitzkirchen und Wenings soll die Kreisstraße 211 von etwa viereinhalb auf fünfeinhalb Meter verbreitert und zudem tragfähige Bankette mit jeweils einem Meter Breite eingerichtet werden, wie der Wetteraukreis auf Nachfrage mitteilt. Baubeginn sei im nächsten Jahr im Frühjahr, der Abschluss der Arbeiten für November 2023 geplant. Um den Ausbau auf den angrenzenden Flächen umsetzen zu können, sollen Vereinbarungen zur Besitzüberlassung mit den Grundstückseigentümern geschlossen werden.

Eigentümer verwundert

Wenngleich das Vorgehen soweit üblich ist, sorgte die Größe der abzugebenden Fläche bei Heiko Matthäs und seiner Schwester Silke Karnelka für Verwunderung. »Im September erhielt ich einen Kaufvertrag, nach dem von den etwa 11 000 Quadratmetern über zehn Prozent abgekauft werden sollen«, erklärt Karnelka. Die Hitzkirchenerin ist Eigentümerin des Grundstücks, das seit langem in Familienbesitz ist und entlang der K 211 verläuft. Es war lange Zeit verpachtet und wurde landwirtschaftlich genutzt. Auf einem Abschnitt befinden sich Obstbäume, die ein Verwandter als Ausgleichsmaßnahme für den Hausbau gepflanzt habe.

Jetzt soll die Fläche dem Naturschutz zugutekommen: »Wir wollen das Grundstück mit Hasel- und Mispelsträuchern einfrieden und Obstbäume pflanzen«, erklärt Heiko Matthäs, der auch Ortsvorsteher in Hitzkirchen ist. Entlang der Kreisstraße befindet sich eine Hecke, die dort vor Jahrzehnten als Windschutz auf der nach Süden gerichteten Fläche angelegt wurde - heimische Gehölze wie Schlehen, Hasel und einige alte Kirschbäume finden sich dort. Die Fläche solle als Ausgleichsfläche für die Straßenerneuerung dienen, wie Matthäs und Karnelka auf Nachfrage erfuhren. »Wir befürworten die Maßnahme, die K 211 ist von Gedern der schnellste Weg zur nächsten Autobahn und Zuganbindung«, sagt Matthäs, kritisiert jedoch: »Für mich wird hier kein Ausgleich geschaffen, denn der ist schon da. Der Kreis schafft Ausgleich lediglich durch Umschreiben des Eigentümers.«

Reaktion des Wetteraukreises

Gegenüber dieser Zeitung erklärt der Wetteraukreis auf Nachfrage: »Die besagte Fläche wird im Zuge der Ausbaumaßnahme an der K 211 als Ausgleichsfläche beansprucht, um den Lebensraum der Haselmaus und des Ameisenbläuling, ein Schmetterling aus der Familie der Bläulinge, zu sichern.« Der auf dem Grundstück vorhandene Bewuchs werde den naturschutzrechtlichen Erfordernissen angepasst. Weiterhin sei unter anderem die Entwicklung von standortspezifischen Staudenfluren, Baum- und Strauchhecken vorgesehen. Das verbleibende Defizit werde über eine Baumpflanzung im Zuge einer Ökokontomaßnahme bei Butzbach ersetzt. Der Planfeststellungsbeschluss sei im Mai 2021 in der Gemeinde Kefenrod öffentlich bekanntgemacht worden, Einwendungen und Anregungen hätten in diesem Rahmen abgegeben werden können, so der Kreis.

Ausgleich möglichst vor Ort

Das Vorgehen sei durchaus gang und gäbe, sagt Alfred Leiß, der die Situation als Vorsitzender des Naturschutzbeirates des Wetteraukreises im Gespräch mit dem Kreis-Anzeiger beurteilt: »Ein Ausgleich für eine Baumaßnahme ist möglichst vor Ort zu leisten. Um die Hecke als Naturraum entlang der K 211 langfristig zu sichern oder ein höherwertiges Biotop zu schaffen, muss die Fläche zunächst im Besitz des Wetteraukreises sein, woraufhin diesem auch eine Folgeverantwortung zukommt.« Naturschutzrechtliche Erfordernisse, also die vor Ort umzusetzenden Maßnahmen, ergäben sich aus den fachlichen Beurteilungen von Naturschutzbehörde und -verbänden. Um Lebensraum für die Haselmaus zu sichern, würden laut Vorgabe beispielsweise andere Gehölze wie Eichen oder Linden sukzessive aus der Vegetation entnommen und Haselnusssträucher angepflanzt, erläutert Leiß.

Bedenken, dass Hecke gefällt wird

»Es wäre schön gewesen, wenn der Landkreis diesbezüglich Kontakt mit uns aufgenommen hätte«, sagt Heiko Matthäs und fügt an, er habe Bedenken, dass die Hecke gefällt und durch den Eingriff das bestehende Biotop gestört werde. »Es hätte andere Möglichkeiten gegeben. Für den Landkreis ist es jedoch die einfachste Lösung, das Land im Rahmen der Besitzüberlassung mit abzukaufen.«

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