Flüchtlingsunterbringung: Kefenrod in Zugzwang

Der Festplatz in Bindsachsen ist für die Unterbringung von Flüchtlingen vom Tisch. Bis zum 14. Dezember muss die kleine Gemeinde allerdings Alternativen für 27 Flüchtlinge nennen.
Es geht um die Unterbringung von 27 Geflüchteten, nicht mehr um die Anzahl von 120. Die Pläne des Wetteraukreises, auf dem Festplatz in Bindsachsen eine Leichtbauhalle aufzustellen, sind laut Kefenrods Bürgermeisterin Kirsten Frömel ad acta gelegt. Etwa 250 Bürgerinnen und Bürger sowie Auswärtige verfolgten Donnerstagabend die Gemeindevertretersitzung im Bürgerzentrum Holzwich in Helfersdorf. Die Sitzung war geprägt von Ängsten und Ärger. Etwa 20 Polizisten, einige unter ihnen in Zivil, waren vor Ort, Vertreter einer Gruppe der AfD tummelten sich zwischen Foyer und Halle. Einer von ihnen nutzte die Gelegenheit, Kugelschreiber und Flyer zu verteilen.
Sonderausschuss soll Konzept finden
Zwischen den vorgebrachten Bedenken m ischte sich immer wieder Polemik, die darauf abzielte, Schuldige zu finden. Die geänderten Pläne beruhigten nicht. In diesem Spannungsfeld war scheinbar kein Platz, um über verträgliche Möglichkeiten zu diskutieren.
Ein Eilantrag des Ortsbeirats Bindsachsen wurde nicht öffentlich behandelt, die Gemeindevertreter zogen sich in einen Nebenraum zurück. Der Antrag besagte, dass der Festplatz in Bindsachsen nicht für eine Unterkunft zur Verfügung gestellt werden soll. Die Gemeindevertreter beschlossen einstimmig, nächste Woche einen Sonderausschuss zu konstituieren, der ein Konzept ausarbeitet. Die Zeit drängt: Am 14. Dezember steht ein entscheidendes Gespräch mit Landrat Jan Weckler an.
Dem neuen Sonderausschuss gehören die Gemeindevertreter, der Gemeindevorstand und die jeweiligen Ortsvorsteher an. Über das Thema soll ab sofort transparent informiert werden. Das betonten die Fraktionsvorsitzenden Sebastian Kaiser (SPD), Daniel Deckenbach (CDU) und Heiko Matthäs (FWG), nachdem alle Gemeindevertreter nach ihrer internen Beratung wieder in die Halle kamen.
Daran hatte es in der Vergangenheit offensichtlich gemangelt. Verwaltungschefin Kirsten Frömel stand schwer in der Kritik. CDU-Fraktionschef Daniel Deckenbach wurde massiv, warf ihr Führungsschwäche vor. Von mehreren Seiten wurde ihre Kommunikation als mangelhaft und nicht zeitnah moniert. Dies sei der Grund, so der allgemeine Tenor, dass die Gemeinde nun unter starkem Zugzwang stünde. Insbesondere, dass sie während der Sitzung der Gemeindevertreter am 20. Oktober, dem Tag, als sie auch dem Landrat den Festplatz in Bindsachsen als Option genannt hatte, nicht das Parlament informiert hatte, stieß bitter auf. Im Nachhinein gesehen sei das ein Fehler gewesen, räumt Kirsten Frömel im Gespräch mit dieser Zeitung ein. Die Rathauschefin berichtete auf Anfrage der CDU, dass allerdings zu jeder Gemeindevertretersitzung eine Aufstellung zur Flüchtlingssituation erfolgte und diese auch im Protokoll nachzulesen sei.
Einmal griff ein Vertreter des Ordnungsamts beherzt ein, als ein Nicht-Kefenröder sich nicht vom Mikrofon wegbewegen wollte. Laut Geschäftsordnung haben nur Bürger aus Kefenrod das Recht, Fragen zu stellen. Insbesondere Eltern von Kindern, die die Herzbergschule besuchen, nahmen davon enttäuscht Kenntnis. Die Sporthalle in Kefenrod gehört zu einer Hälfte dem Wetteraukreis, zur anderen der Gemeinde.
Grabenkämpfe außen vor lassen
Die Sporthalle war als Alternative zum Festplatz in Bindsachsen im Gespräch, was die Ängste zuspitzte. »Kirsten, wie gewährleistet Du die Sicherheit unserer Kinder?«, fragte eine Mutter. »Das kann ich nicht«, entgegnete Kirsten Frömel, die selbst ein Kind in der Schule hat.
Dies und auch andere Verlautbarungen bewogen Bernd Kaufmann, der als Vorsitzender der Gemeindevertretung die schwierige Aufgabe hatte, die emotionsgeladene Sitzung zu leiten, zu deutlichen Worten. »Uns wurde eine Verantwortung übergestülpt. Es werden Antworten von uns gefordert, die wir nicht geben können. Ich empfinde es als unfair, uns hier ans Brett zu nageln.«
Burkhard Schnell, Bürger aus Kefenrod, riet dazu, innezuhalten, das Vergangene und vor allem Grabenkämpfe außen vor zu lassen und sich ernsthaft mit dem Thema zu befassen. »Es sind bestimmte Dinge schiefgelaufen. Wir haben das Problem heute nur vertagt. Jetzt drängt die Zeit. Jedem muss klar sein, wenn man konzentriert x Leute an einem Platz in einer kleinen Gemeinde unterbringt, wird das zwangsläufig zu Konflikten führen…« Man könnte jetzt alle Männer unter Generalverdacht stellen, vielleicht sei auch einer dabei, der nicht ganz koscher sei. Niemand könne das ausschließen. Schnell appellierte für eine Verteilung der Geflüchteten. »Es ist sicherlich nicht einfach, unter diesem Zeitdruck so eine Entscheidung zu treffen. Ich hoffe auf eine vernünftige Zusammenarbeit. Die Entscheidung ist nicht unerheblich für die Gemeinde.«
Nach drei Stunden war die die Sitzung beendet.