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Was spart die Musterfamilie?

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Sowohl für die Erweiterung der Kindertagesstätte als auch für den notwendigen Neubau eines Feuerwehrstützpunkts hat Hirzenhain noch kein Geld im Haushalt eingestellt. © Oliver Potengowski

Ein Blick in die von Gedern und Hirzenhain in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie, mit der sich die Gemeindevertretung Hirzenhain am Montag beschäftigen wird.

Quo vadis, Gedern und Hirzenhain? Eine Machbarkeitsstudie, die beide Kommunen beim Büro GE/CON mit dem Ziel in Auftrag gegeben haben, Möglichkeiten für eine engere Zusammenarbeit zu untersuchen, sieht den Zusammenschluss als einzigen Weg, eine zukunftsfähige Verwaltung zu organisieren (der Kreis-Anzeiger berichtete).

Während sich das Gederner Parlament bereits einstimmig dafür ausgesprochen hat, eine Fusion weiterzuverfolgen, wird sich die Gemeindevertretung Hirzenhain am kommenden Montag, 20. März, mit dem Ergebnis der Machbarkeitsstudie beschäftigen.

Studie: Situation bereits suboptimal

Die prognostiziert beim Blick auf die Zukunft von Gedern und Hirzenhain eine eher pessimistische Entwicklung. Bis 2035 würden zwischen 69 und 74 Prozent der aktuellen Mitarbeiter die beiden Verwaltungen verlassen - wegen Ruhestands oder weil Zeitverträge auslaufen. Es werde angesichts des Fachkräftemangels nicht gelingen, diesen Generationenwechsel in der Verwaltung in ausreichender Quantität und Qualität zu vollziehen, sagen die Autoren von GE/CON voraus.

Dabei sei die Situation in den Verwaltungen schon heute suboptimal. Viele Mitarbeiter müssten parallel in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt werden. Dadurch sei eine Spezialisierung, wie sie durch wachsende Aufgaben in Zukunft noch notwendiger werde, nur eingeschränkt möglich. »In Hirzenhain fehlen in einigen Organisationsbereichen ausgebildete Fachkräfte, wodurch Aufgaben entweder extern vergeben werden müssen oder teilweise nicht abgebildet werden können«, stellt die Machbarkeitsstudie fest. Kosten, die die Gemeinde durch eine eigene, kleine Verwaltung spart, entstehen so durch die Rechnungen privater Auftragnehmer.

Schon jetzt versuchen Kommunen mit unterschiedlichem Erfolg, Aufgaben gemeinsam in einer interkommunaler Zusammenarbeit zu erledigen. Diese zwischen Gedern und Hirzenhain weiter auszubauen, hält die Studie jedoch ebenso wie die Bildung eines Gemeindeverwaltungsverbands im Vergleich mit dem Zusammenschluss für weniger sinnvoll. Sowohl bei einer Ausweitung der interkommunalen Zusammenarbeit als auch beim Verwaltungsverbund seien immer wieder umfangreiche Abstimmungen zwischen den beiden Kommunen und ihren Gremien notwendig. Die jährlichen Einsparungen lägen bei weniger als einem Drittel beziehungsweise deutlich unter der Hälfte gegenüber dem Zusammenschluss. Für diesen beziffern die Autoren der Studie das Sparpotenzial auf jährlich über 530 000 Euro.

Einsparungen sieht die Studie auch für die Einwohner. Allerdings werden die Auswirkungen eines Zusammenschlusses am Beispiel einer Musterfamilie methodisch etwas schlicht analysiert. Die Autoren vergleichen die Steuer- und Gebührensätze in Gedern und Hirzenhain und nehmen für den Zusammenschluss - außer bei den Abwassergebühren - den jeweils niedrigeren Wert an.

Wie entwickeln sich die Abgaben?

Dadurch ergeben sich für die Modellfamilie aus Hirzenhain wegen der aktuell teilweise deutlich höheren Abgabensätze Einsparungen in Höhe von jährlich rund 250 Euro. Die Gederner Familie würde laut Studie jährlich nur rund zwölf Euro sparen. Wie sich die Abgaben nach einem beziehungsweise ohne einen Zusammenschluss aber tatsächlich entwickeln, ist bis dato allerdings unklar.

Den größten Teil der Einsparungen (211 Euro jährlich) würde die Hirzenhainer Modellfamilie laut Machbarkeitsstudie über die Grundsteuer B erzielen. Der Hebesatz liegt in Hirzenhain bei 710 Prozentpunkten, in Gedern bei 520. Allerdings bleibt angesichts der künftig notwendigen Großprojekte in beiden Kommunen abzuwarten, wie sich die Grundsteuern als wichtigste Einnahmequelle, die eine Kommune selbst beeinflussen kann, entwickeln werden.

In Gedern müssen immerhin drei Feuerwehrhäuser (Kernstadt, Wenings, Mittel- und Nieder-Seemen) gebaut und die Kindertagesstätte in Ober-Seemen erweitert werden. In Hirzenhain muss ebenfalls die Kindertagesstätte erweitert und ein Feuerwehrstützpunkt für die Zusammenlegung der drei Einsatzabteilungen gebaut werden. Bürgermeister Timo Tichai hat bisher eine eineinhalb Jahre alte Kostenschätzung für den Stützpunkt vorliegen. Damals wurden die Baukosten auf 4,5 bis fünf Millionen Euro geschätzt. In den Haushalt sind bisher nur Planungskosten eingestellt worden.

Obwohl Gedern die Kosten für die Feuerwehrhäuser Gedern (5,5 Millionen Euro) und Wenings (1,5 Millionen Euro) sowie die Kita-Erweiterung (3,5 Millionen Euro) - allerdings ebenfalls nach einer älteren Schätzung - bereits in den Haushalt eingestellt hat, konnte aktuell eine Grundsteuererhöhung vermieden werden.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Pro-Kopf-Verschuldung mit rund 6500 Euro ungefähr gleich hoch ist, wenn man die Entschuldung durch die Hessenkasse und den bestehenden Investitionsstau berücksichtigt. Obwohl die Entscheidung über einen Zusammenschluss letztlich bei den Bürgern liegt, empfiehlt die Studie deshalb dringend den Zusammenschluss.

Doch egal wie die Entscheidung ausgeht, stellen die Autoren zum Abschluss fest: »Für beide Gemeinden gilt: Ein weiter wie bisher ist keine erfolgreiche Strategie.«

VON OLIVER POTENGOWSKI

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