Liefert Urkunde neue Erkenntisse zur Besiedlung der Hardeck bei Büdingen?

Mancher geschichträchtiger Ort hat sich Mystisches erhalten können. Ein Beispiel dafür sind die steinernen Überreste der Burgruine Hardeck. Eine jetzt entdeckte Urkunde sorgt für Gesprächsstoff.
Schon als Kind war Waldemar Bähr fasziniert von der Mystik rund um die Burgruine Hardeck. Diese Faszination begleitete ihn bis ins Erwachsenenalter und so engagiert er sich seit vielen Jahren für die Erhaltung des geschichtlichen Bewusstseins dieses magischen Ortes.
Während der Glauberg seit jeher als Heiligtum verehrt wird und die Ronneburg im Originalzustand erhalten ist, steht die Hardeck eher für Wehrhaftigkeit. Lediglich Mauerreste zeugen von der einst stattlichen Anlage. »Die Wallanlage der Burg umfasste 300 Meter und die Tiefe des Wallgrabens, der bis heute gut erhalten geblieben ist, betrug an der tiefsten Stelle sieben bis neun Meter«, führt Waldemar Bähr aus. »Auch Ofenkacheln und Scherbenreste hat man gefunden.«
Spur führt nach Österreich
Er berichtet von der bewegten Vergangenheit: »Nachdem der Vulkan bei der Hardeck erloschen war, nutzte man die 296 Meter über dem Meeresspiegel liegende Erhöhung zur Errichtung von Schutzmaßnahmen. Diese machten sich später unzählige Stammesverbände und Herrschaftshäuser zu Nutze. 1289 wurde die Burg erstmals urkundlich erwähnt.« Mehr als 700 Jahre später stieß Waldemar Bähr auf ein Buch, das ihm Hinweise geben sollte auf eine weitere Urkunde aus dem Jahre 1145. Mithilfe des Büdinger Stadtarchivars Carsten Parré und seiner Kollegin Kirsti Ondrasch ging es dann auf Spurensuche. Eine Anfrage beim österreichischen Staatsarchiv in Wien ergab, dass eine Abschrift der besagten Urkunde im niederösterreichischen Urkundenbuch vorliegt. Letzteres fanden Waldemar Bähr und Carsten Parré schließlich in Marburg im dortigen Stadtarchiv.
Inhalt der Urkunde ist eine Übertragung, die im heutigen österreichischen Niederösterreich unterzeichnet worden war. Im Zuge dieser Übertragung wird auch eine Zeugenliste genannt. Auf dieser Liste finden sich sowohl Zeugen aus Niederösterreich wie der Name »von Plagin« als auch Zeugen aus Hessen wie der Name »von Glanzze«, führt Waldemar Bähr aus. Daraus schlussfolgert er, dass im Jahre 1145 Konrad III von den Staufern mit seiner Gefolgschaft, unter der auch Herren »von Glanzze« vertreten waren, von Hessen nach Niederösterreich gezogen sind. »Die hiesigen Staufer wollten die dort ansässigen Nichtstaufer bekehren und erhielten im Gegenzug Ländereien und Güter als Auszeichnungen für das Stauferreich«, ergänzt er.
Hardegg und Hardeck
Aus diesen Ländereien sei außerdem die Grafschaft Hardegg hervorgegangen. Erster Inhaber der Grafschaft sei ein gewisser Otto gewesen. Dieser sei sowohl als Otto von Plagin - abstammend von den Grafen von Plagin - als auch als Otto von Hardegg - sitzend auf der Grafschaft Hardegg - bezeichnet worden. Auch in anderen historischen Quellen findet sich die Bezeichnung »die Grafen von Plagin und Hardegg«. Laut Waldemar Bähr wurde eben dieser Otto von Plagin beziehungsweise Otto von Hardegg im heutigen Deutschland Otto von Hardeck geschrieben. »Somit handelt es sich bei Hardegg und Hardeck um ein- und dieselbe Familie«, so Waldemar Bähr. »Das ist für uns historisch interessant, da bisher lediglich immer nur die Burg Hardeck erwähnt wurde, nicht aber deren Inhaber«, so Waldemar Bähr. Zwei Dinge tragen laut Bähr dazu bei, warum die Ruine bisher nur stiefmütterlich behandelt wurde. Zum einen gibt es nur spärliche historische Quellen, da einst Vertreter des Kaiserreiches auf der Burg Hardeck saßen, die aufgrund ihrer Immunitätshaltung unantastbar waren. Zum anderen wurden und werden archäologische Grabungen eher an anderer Stelle durchgeführt, die als Heiligtümer von größerer Bedeutung sind.
Aber Waldemar Bähr muss gar nicht von oben unter die Erde graben. Er kann seine Recherchen von anderer Seite angehen. So hat er eine Vielzahl von Dateien angelegt, die ihm die Verbindungen verschiedenster Dynastien aufzeigen.
Sein Wunsch für die Zukunft ist vor allem, dass die Hardeck auch für kommende Generationen erhalten bleibt. »Die Hardeck ist geschichtlich noch nicht aufgearbeitet. Es wäre schön, wenn man sich ihr historisch wieder annähern könnte«, berichtet er. Außerdem träumt er vom Nachbau einer Außenanlage beispielsweise in Form eines Kräutergartens. Carsten Parré wird sich indessen auf die Suche nach einer weiteren Urkunde begeben. »Möglicherweise stoßen wir dann auf eine andere Zeugenliste, die uns neue Hinweise liefern wird«, erzählt er.
Fels in der Brandung
Bis dahin wird sich der jetzige »Herr der Hardeck« - wie sich Waldemar Bähr gerne bezeichnet - sicherlich noch öfters zwischen den Tälern des Semenbaches und des Fallbaches aufhalten, wo sich der Basaltkegel der Hardeck als Waldemar Bährs »Fels in der Brandung« befindet.
