In Büdingens Wäldern gibt’s »Liebesparfüm« für Wildkatzen

Vor einigen Jahren konnte im Büdinger Wald bei Rinderbügen eine Wildkatze ausgemacht werden. Jetzt wird der Bund für Umwelt- und Naturschutz erneut aktiv. Im Wald werden Lockstöcke aufgestellt.
Wie in der Gemarkung Butzbach (der Kreis-Anzeiger berichtete) so hat der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) nun auch zum Wildkatzenmonitoring im Büdinger und Ortenberger Wald eingeladen. An der Jagdhütte am Rande des Lorbacher Waldes fanden sich neben Alexandra Bücking, der Vorsitzenden des Bund-Ortsverbandes Büdingen, auch Forstamtmann Rupert Höppe und weitere Mitarbeiter von Hessen Forst sowie Mitglieder der örtlichen Jägerschaften und einige Helfer ein, um sich von Susanne Steib, Managerin Naturschutzprojekte beim Bund-Landesverband Hessen in Frankfurt, in den korrekten Einsatz von sogenannten Lockstöcken einweisen zu lassen.
Holzpflöcke mit Baldrian
Susanne Steib erläuterte eingehend die Standorte der 23 mitgebrachten Holzpflöcke, die, mit dem »Liebesparfüm« Baldrian imprägniert, Wildkatzen während der Paarungszeit anlocken und dazu verleiten, sich an dem aufgerauten und eingekerbten Holz zu reiben. Zurück bleiben im besten Fall die feinen und weißen Haare des Unterfells mit Haarwurzel. »Denn nur in der Haarwurzel ist das genetische Material für eine DNS-Analyse durch das Senckenberg-Institut für Wildtiergenetik in Gelnhausen vorhanden«, erklärte Susanne Steib den Helfern. Das korrekte Einsammeln der Haare vom Lockstock mit Hilfe einer Pinzette und ohne Verunreinigung erfordere ebenso große Sorgfalt wie zuvor die Standortwahl für den jeweiligen Lockstock. »Bevorzugen Sie innerhalb des markierten Gebietes vor allem strukturreiches Gelände, etwa mit Totholzverstecken, Gebüschen und Dickungen, wie Wildkatzen sie lieben. Eine allzu große Nähe zu Forst- und Wanderwegen ist dagegen nicht zu empfehlen«, sagte Steib. Vor vier beziehungsweise sechs Jahren sei jeweils eine einzelne Wildkatze im Büdinger Wald bei Rinderbügen ausgemacht worden.
Kontrollen bis Anfang April
Alle sieben bis zehn Tage müssen die Lockstöcke nun abgegangen und etwaige Haarproben eingesammelt werden, Ende des Kontrollzeitraumes ist Ende März, Anfang April. Ergebnisse der Auswertung könnten möglicherweise schon im Oktober vorliegen und würden den an diesem Wildkatzenmonitoring Beteiligten vorgelegt, betonte die Vertreterin des Bund Hessen.
Die genetische Analyse erlaubten zum einen die sichere Unterscheidung zwischen Haus- und Wildkatze, im Idealfall könnten das einzelne Individuum und dessen verwandtschaftliche Beziehungen zu anderen Einzeltieren und ganzen Wildkatzen-Populationen klassifiziert werden.
Das Senckenberg-Institut für Wildtiergenetik arbeitet seit 2012 am Aufbau einer bundesweiten Gendatenbank für Wildkatzen, durch die auch Wanderbewegungen der Tiere, gern genutzte Korridore zwischen Waldstücken sowie die zahlreichen Zerschneidungsfaktoren wie Straßen, Autobahnen und große Siedlungsräume analysiert werden können. Dieses Wissen wiederum bildet die Basis für den Ausbau einer bundesweiten Waldbiotopvernetzung, über die die scheuen Wildkatzen und andere Tiere des Waldes sich ausbreiten sollen.
Monitoring ist erster Schritt
Das Monitoring per Lockstock ist somit der erste Schritt in einem komplexen und langfristigen Prozess zur Arterhaltung und Artenvielfalt im hierzulande stark zerschnittenen Lebensraum Wald. Der Büdinger Forst stellt dabei einen wichtigen Wanderkorridor vom Vogelsberg in den Spessart dar.
In Hessen leben schätzungsweise wieder etwa 1000 Wildkatzen. Einst durch massive Bejagung fast ausgerottet, steht sie heute unter strengem Artenschutz und kann sich langsam wieder ausbreiten. Zahlreiche überfahrene Tiere belegen jedes Jahr, dass die größte Gefahr für Wildkatzen heutzutage vom Straßenverkehr ausgeht. Die Vernetzung der Wälder und die Möglichkeiten einer gefahrlosen Überquerung von Straßen spielt für das Überleben der Wildkatze eine entscheidende Rolle, erklärt Susanne Steib: »Sind Wälder durch grüne Korridore miteinander vernetzt, sind Wanderungen und damit ein genetischer Austausch zwischen den verschiedenen Populationen möglich.« Derzeit hindern die Wildkatze vor allem Autobahnen, Straßen und ausgeräumte Ackerlandschaften an der Wiederausbreitung.
Seit 2004 engagiert sich der Bund für Umwelt- und Naturschutz im Projekt »Rettungsnetz Wildkatze« für den Schutz der gefährdeten Tiere und ihres Lebensraums. Das Ziel: Die Wälder Deutschlands wieder miteinander zu verbinden. Diese Lebensraumvernetzung stützt die biologische Vielfalt, sie hilft nicht nur der Wildkatze, sondern auch vielen weiteren Waldbewohnern wie Rothirsch und Luchs. mü
