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Fortbildung für den guten Zweck

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Nach dem Referat ergaben sich spannende Diskussion um die Kommunikation mit Kindern, Jugendlichen und Patienten: (v. l.): Tobias Michel (Leiter Dohlbergschule), Tobias Salzmann (Ärztliche Verrechnungsstelle), Ramona Maul (M&W), Referent Martin Korte, Silke Schlögel (M&W), Veranstalter Gerhard Polzar und Tabea Grünzel (Lehrerin Stadtschule Büdingen). © Ingeborg Schneider

Büdingen/Gettenbach (mü). Bereits zum zweiten Mal hat der Büdinger Kieferorthopäde Prof. Dr. Gerhard Polzar Kollegen sowie Gäste aus dem Bereich Schule und Bildung zu einer Fortbildung mit Benefizcharakter eingeladen. Die Veranstaltung fand südlich von Büdingen auf Gut Hühnerhof bei Gettenbach statt.

Im Zentrum stand ein Referat des Neurobiologen Prof. Dr. Martin Korte von der TU Braunschweig zum Thema »Wie das Gehirn Bedeutung generiert. Die Rolle unserer Aufmerksamkeit und Fallstricke neuronalen Bedeutungsgenerierung.«

Entsprechend dem Konzept hatte der engagierte und interdisziplinär aufgestellte Kieferorthopäde Sponsoren ins Boot geholt und ließ während der Veranstaltung einen grünen Sparfrosch herumgehen. Vom Reinerlös in Höhe von 2000 Euro erhält die Freiwillige Feuerwehr Büdingen 1200 Euro - dies vor allem für ihren Einsatz während der Flut vom Januar 2021. Die restlichen 800 Euro kommen dem Behindertenhilfswerk zugute.

Zu seinen Sponsoren gehörten das Unternehmen M&W Müller und Weygandt Dental aus Büdingen, die Ärztliche Verrechnungsstelle Büdingen, die APO-Bank als Deutsche Ärzte- und Apothekerbank sowie die VR-Bank Main-Kinzig-Büdingen.

Mit Prof. Dr. Martin Korte hatte Polzar einen renommierten Experten gewonnen, der sein Auditorium mit einem Vortrag in freier Rede faszinierte. Kanadische Studien hätten nachgewiesen, dass nicht zuletzt durch die Einführung des Smartphones sich die menschliche Aufmerksamkeitsspanne seit dem Jahr 2007 von 20 auf elf Sekunden reduziert habe, sagte Korte. Damit lägen die Menschen immer noch vor dem Goldfisch, der sich nur acht Sekunden lang fokussieren könne.

Neugierig und lernbereit bleiben

Doch der Trend sei eindeutig: »Durch das Smartphone tragen wir ein Gerät bei uns, dass ständig Nachrichten bereithält. Diese Tatsache bringt unser Gehirn in eine Hab-Acht-Stellung, sodass die Zeitspanne, in der es sich auf eine einzige Sache konzentriert, permanent sinkt«, sagte der Neurobiologe. »Wir leben somit in einem Zustand permanenter Überforderung.« Generell verurteilte Korte die moderne Technik nicht, nachdrücklich empfahl er jedoch eine souveräne Nutzung sowie eine Schulung der Medienkompetenz für alle Generationen und jeglichen Anwendungszweck.

Zahlreiche Folgerungen standen am Ende des Referats, die sowohl für Bildung und Ausbildung als auch für das Verhältnis (Zahn-)Arzt und Patient von Bedeutung waren: »Rechnen Sie mit der kurzen Aufmerksamkeitsspanne Ihres Gegenübers. Lassen Sie die Patientin, den Schüler, die Gesprächspartner zunächst in der Situation ankommen. Setzen Sie Aufmerksamkeitsreize. Betten Sie das, was Sie übermitteln wollen in klare Sätze ein, oder, wenn möglich, in eine Erzählung. Versichern Sie sich, ob Ihr Gegenüber Sie verstanden hat und umgekehrt, ob Sie verstanden haben, was Ihr Gesprächspartner Ihnen sagen möchte.«

Generell forderte Korte dazu auf, das Sammeln, Einordnen und Anwenden von Informationen und Wissen nicht an die Künstliche Intelligenz zu delegieren. »Unser Langzeitgedächtnis ist potenziell unbegrenzt. Wenn wir ein Leben lang offen, neugierig und lernbereit sind, verändert unser Gehirn seine Struktur. Die Folge ist, dass wir die Welt viel differenzierter und aufmerksamer wahrnehmen. Dieser Prozess ist in Wahrheit Bildung.«

Zur Förderung von Aufmerksamkeit und Konzentration empfahl der Neurobiologe wohldosiertes Digital Detox (»digitale Entgiftung«), medienfreie Zeiten, den Einbau von Barrieren für die Mediennutzung, Meditation und Selbstfokussierung.

Im Anschluss an das Referat gab Prof. Polzar anhand dreier Patientengeschichten Einblicke in seine kieferorthopädische Praxis und seine Kooperation mit behandelnden Zahnärzten.

So verdeutlichte er unter anderem die Möglichkeiten der digital gesteuerten Alinger-Therapie und der Lingualtechnik, die sowohl ohne Abdrücke als auch ohne Zahnextraktion zur Schaffung von mehr Platz im Kiefer auskommt und auf wechselnde, fast unsichtbare Zahnspangenmodelle setzt, die sich den veränderten Zahnstellungen anpassen und schrittweise zum gewünschten Ergebnis führen.

Ebenso erläuterte Polzar die Möglichkeit, kieferorthopädisch Atembeschwerden sowie Kopfschmerzen aufgrund von Fehlstellungen und Muskelverspannungen im Bereich des Kiefers zu beheben.

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