1. Startseite
  2. Lokales
  3. Altenstadt

Warum es in Altenstadt Mutbürger statt Querdenker braucht

Erstellt:

cwo_JWFneujahrsempfang_2_4c
15 Altenstädter Sportler ehren Bürgermeister Norbert Syguda (r.) und Parlamentsvorsitzender Christian Keim (l.) für ihre besonderen sportlichen Leistungen. © Jürgen W. Niehoff

Drei Jahre startete die Gemeinde Altenstadt coronabedingt nicht mehr mit einem Neujahrsempfang ins neue Jahr. Nun war es wieder soweit - mit Neuerungen und Altbekanntem.

Altenstadt (jwn). Nach drei Jahren Corona-Zwangspause veranstaltete die Gemeinde Altenstadt wieder ihren Neujahrsempfang. Nach der langen Pause freuten sich alle auf ein Wiedersehen und gute Gespräche. Zudem gab es nach 20 Jahren Pause auch wieder eine Sportlerehrung. Eines hat sich im Vergleich zu Vor-Pandemie-Zeiten aber nicht geändert: die ausführliche Rede von Bürgermeister Norbert Syguda.

Obwohl nur zwei Reden an diesem Abend geplant waren, nämlich die vom Parlamentsvorsitzenden Christian Keim (CDU) und vom Bürgermeister, dauerte dieser Programmpunkt etwa eineinhalb Stunden. Während sich Keim noch an sein einleitendes Versprechen hielt, nur ganz kurz reden zu wollen zugunsten der anschließenden Gespräche zwischen den gut 150 erschienen Gästen, schien die Rede des Bürgermeisters kein Ende zu finden. Und das, obwohl auch er versprach, seine Ausführungen dieses Mal kurz zu halten. Auch die während seiner Rede aufkommende Unruhe, die er zwar registrierte, brachte ihn aber nicht von seinem Redekonzept ab.

Natürlich standen bei beiden Rednern die momentane Krisensituation mit all ihren Auswirkungen im Mittelpunkt ihrer Rück- und Ausblicke. »Weil die Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs mittlerweile jeder zu spüren bekommt, brauchen wir weder Wutbürger noch Querdenker oder Reichsbürger, sondern wir benötigen Mutbürger, mit denen wir mit Kraft und Zuversicht in die Zukunft sehen können. Dann wird uns das neue Jahr gelingen«, so Keim zuversichtlich.

Des Rathauschefs umfangreiche Rede

Norbert Syguda schloss sich diesem Wunsch an, griff dann aber für seinen Rück- und Ausblick immer wieder auf ironische Bemerkungen zurück. Er ärgere sich, dass man in Deutschland oft nur die eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten aufgrund des Kriegs und der politischen Ereignisse im Auge habe, nicht aber das wirkliche Leid der ukrainischen Bevölkerung. Es störe ihn, so Syguda, dass Deutschland, sei es mit seiner vermeintlich auf Werten basierenden Außenpolitik, im Sport mit der Hand vor dem Mund zu Turnierbeginn oder mit dem Streit um die Armbinde, der Welt Moral und Anstand beibringen wolle und dabei scheitere. Wenig Verständnis äußerte der Bürgermeister für das aus seiner Wahrnehmung allseits abgelehnte Gendern, das die Medien trotzdem hochhielten oder den Fachkräftemangel, der für die Politik offensichtlich nicht gelte. »Warum leisten wir uns sonst eines der weltweit größten Parlamente? Offensichtlich weil wir zu viele Politiker haben, die im Gegensatz zum Handwerk nicht mal eine Ausbildung brauchen«, so Syguda.

Auch die aktuelle Energiepolitik der Bundesregierung nahm er ins Visier. So werbe man für E-Mobilität oder Wärmepumpen, obwohl es dafür schon bald nicht mehr genug Energie gebe, da zu wenige Windräder vorhanden seien, man die wenigen verbliebenen Atomkraftwerke dazu noch abschaltete und selbst der Ausbau der Stromtrassen nicht vorankomme. »Deutschland leidet offenbar momentan unter Realitätsverlust, denn Wunsch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander.«

Syguda wandte sich sodann verschiedenen Themen der Gemeinde zu. So freue sich der Ortsbeirat Waldsiedlung beispielsweise, dass er den Bau eines großen Logistikzentrums verhindert habe. »Dafür gibt es nun die Genehmigung, für die kleinere Version einen Betrieb rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche betreiben zu können«, so Syguda. Auch der neue Oberauer Kreisverkehr fehlte in seinen Ausführungen nicht. Weil der Mittelteil nicht mit einer Statue oder einer sonstigen Installation besser kenntlich gemacht werden dürfe, hätten an seiner Planung offensichtlich Kfz-Werkstätten mitgewirkt, die an den demolierten Autos nun verdienten, formulierte Syguda mit einer gewissen Ironie. Weil der Rest seiner Rede immer mehr in Unruhe und Zwischenrufen der Gäste unterzugehen drohte, nannte Syguda dann nur noch Schlagworte.

Abschließend fanden die Ehrungen statt, und zwar für zwei Mitglieder des Gesangvereins Frohsinn Oberau, der auch die musikalische Umrahmung des Abends übernahm. So ehrte man Gerhard Meides für 60 Jahre Mitgliedschaft und Konstantin Blees für 75 Jahre Mitgliedschaft sowie 15 Altenstädter Sportler für ihre Leistungen. Danach, es war mittlerweile 21.25 Uhr, konnten die zu Beginn angekündigten Gespräche starten.

cwo_JWFneujahrsempfang1__4c
Christian Keim (l.) und Norbert Syguda (r.) ehren Konstantin Blees (75 Jahre, 2. v. l.) und Gerhard Meides (60 Jahre) für langjährige Mitgliedschaft im Gesangverein Frohsinn Oberau. © Jürgen W. Niehoff

Auch interessant